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Scharfe Kritik in den staatlichen Medien - Hollande schließt Militäreinsatz nicht aus

Beirut/Paris. Syrien hat am Mittwoch in den staatlichen Medien die Ausweisung seiner Botschafter aus zahlreichen Ländern scharf kritisiert. Die Tageszeitung Al Baath, ein Sprachrohr der Regierungspartei von Präsident Baschar Assad, erklärte, Syrien werde sich nicht einschüchtern lassen und werde nicht wanken. In der internationalen Gemeinschaft entbrannte eine Debatte über einen möglichen Militäreinsatz zur Beendigung der Gewalt im Land.

Auch die Tageszeitung Al Thawra verurteilte die Ausweisungen der Diplomaten und sprach von einer Eskalation, die zum Ziel habe, den Friedensplan von Kofi Annan zu stören und einen Bürgerkrieg anzuzetteln. Am Dienstag hatten Deutschland, die USA, Großbritannien, Kanada, Australien, Frankreich, Italien, Spanien und Bulgarien eine Ausweisung syrischer Diplomaten angekündigt. Auslöser war ein Massaker in dem Gebiet Hula, bei dem in der vergangenen Woche mehr als 100 Menschen getötet wurden. Die Türkei und Japan schlossen sich dem Protest am Mittwoch an und wiesen ebenfalls syrische Diplomaten aus.

"Es steht außer Frage, stumm zu bleiben und nicht zu reagieren angesichts dieser Tat, die einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt", erklärte das türkische Außenministerium. Ein solches Verbrechen könne nicht ungestraft bleiben. Dem syrischen Geschäftsträger und anderen Diplomaten der syrischen Botschaft wurde 72 Stunden Zeit gegeben, die Türkei zu verlassen. Auch Japan wies den syrischen Botschafter in Tokio aus, kündigte jedoch an, die diplomatischen Beziehungen nicht vollständig abzubrechen.

China beließ den syrischen Botschafter in Peking und rief zu einem Dialog in Syrien auf. Russland nannte die Ausweisung von Diplomaten einen "kontraproduktiven Schritt". Er schließe "wichtige Kanäle" der Einflussnahme auf Syrien, sagte Außenamtssprecher Alexander Lukschewitsch.

Der französische Staatspräsident François Hollande schloss einen militärischen Einsatz in Syrien unter bestimmten Bedingungen nicht aus. Hollande sagte am Dienstagabend dem Fernsehsender France 2, ähnlich wie im Fall Libyens 2011 wäre ein solches Vorgehen nur im Rahmen internationalen Rechts mit einem Mandat der Vereinten Nationen möglich. Hollande reagierte damit auf einen offenen Brief des französischen Aktivisten und Philosophen Bernard-Henri Lévy, der am Mittwoch in mehreren europäischen Medien veröffentlicht wurde. Der Staatspräsident wird darin aufgefordert "in Syrien die Initiative zu ergreifen".

Der Sprecher von US-Präsident Barack Obama sagte dagegen am Dienstag, die Regierung in Washington glaube, "dass dies nur zu einem noch größeren Chaos, zu einem noch größeren Blutbad führen würde". Gleichwohl prüfe die US-Regierung gemeinsam mit ihren Verbündeten weitere Schritte gegen das syrische Regime, erklärte Jay Carney weiter.

Um welche Art von Maßnahmen es sich dabei handeln könnte, wurde nicht gesagt. Die koordinierte Ausweisung syrischer Diplomaten durch die USA und mehrere europäischer Länder sei ein Zeichen der "absoluten Empörung" der internationalen Gemeinschaft gewesen, sagte Carney.

Der UN-Menschenrechtsrat plant wegen des Massakers an Dorfbewohnern im syrischen Hula eine Sondersitzung. Aus Kreisen des Rates in Genf verlautete am Mittwoch, die Sitzung solle am Freitag stattfinden. 21 Länder, darunter die Mitglieder der Europäischen Union und die USA, hätten den Antrag für die Sitzung unterzeichnet. Wahrscheinlich werde es darum gehen, in einer Resolution die Gewalttat zu verurteilen.

Syrische Truppen setzten nach Angaben von Aktivisten am Mittwoch den Beschuss des Vororts Duma von Damaskus und von Rebellen gehaltener Gebiete in der Stadt Homs fort. Einzelheiten zu möglichen Opfern lagen dem in Großbritannien ansässigen Syrischen Observatorium für Menschenrechte und den Örtlichen Koordinationskomitees nicht vor.

Die Vereinten Nationen machten unterdessen regimetreue Kämpfer für das Massaker in Hula verantwortlich. Der Leiter der UN-Friedensmission, Hervé Ladsous, sagte am Dienstag in New York, es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass außenstehende Gruppen in das Massaker verwickelt gewesen seien, schloss dies aber auch nicht aus. Die syrische Regierung hatte zuvor "bewaffneten Terroristen" die Schuld an dem Blutbad gegeben. Die meisten der Opfer wurden nach UN-Einschätzung aus nächster Nähe erschossen.

dapd