Die Affäre um einen von Minister Niebel transportierten Teppich könnte zum Problem für den BND werden. Denn Geheimdienst-Mitarbeiter hatten die Idee zum Transport des Souvenirs nach Deutschland.
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© picture allianceBND-Chef Gerhard Schindler soll auch einen Teppich im Flugzeug transportiert haben
Auf die Frage, ob der Transport von Teppichen aus Afghanistan nach Deutschland zu einem Geschäftsfeld der Bundesregierung werde, wollte Regierungssprecher Steffen Seibert in der Bundespressekonferenz nicht antworten. "Ich habe dazu keine Informationen", sagte er, als er gefragt wurde, ob noch mehr als zwei Teppiche an Bord der Regierungsmaschine waren, die am 20. Mai aus Kabul kommend in Berlin landete.

Zwei Teppiche? Seibert ließ sich nichts anmerken und versprach, er wolle sich erkundigen.

Bekannt war bisher nur, dass ein Teppich an Bord des Flugzeugs war, dessen vorrangige Aufgabe es sein sollte, den Chef des Bundesnachrichtendienstes, Gerhard Schindler, nach Hause zu bringen. Ebenfalls dabei: ein Teppich, den Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) im März in Kabul auf private Rechnung gekauft, aber zunächst in der deutschen Botschaft liegen gelassen hatte.

Diese Art der Amtshilfe, mehr noch aber der Umstand, dass das rund 1000 Euro teure Teppichsouvenir nach der Ankunft in Berlin nicht verzollt und versteuert wurde, macht Niebel seit einer Woche Ärger. Am Mittwoch befasste sich der Bundestag mit dem Bodenbelag.

Der politische Schaden für Niebel schien maximal zu sein. Doch nun bekommt die Sache eine interessante Wendung, die nicht den Entwicklungsminister, sondern BND-Chef Schindler in ungünstiges Licht rückt - und zwar so ungünstig, dass sich am kommenden Montag das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages (PKGr), das die Nachrichtendienste überwacht, in einer Sondersitzung mit der Teppich-Affäre befasst.

Auch Schindler transportierte einen Teppich

Schon am Freitag musste Schindler nach Informationen von Welt Online gegenüber dem Bundeskanzleramt, das den BND beaufsichtigt, eine Erklärung abgeben.

Einer der Gründe: Wie die Leipziger Volkszeitung berichtet, war nämlich nicht nur Niebels Teppich an Bord des Regierungsjets. Ebenfalls im Laderaum: Ein Teppich, den Geheimdienstchef Schindler bei seinem Besuch am Hindukusch geschenkt bekommen hatte: "So habe ich ebenfalls einen Teppich als Geschenk erhalten, den ich nicht behalten habe, sondern im BND abgegeben habe", zitiert die Zeitung aus einem BND-Papier, in dem Schindler selbst den Transport der Webwaren detailliert aufarbeitet.

Er schreibt darin auch, dass eine "Angehörige meiner Delegation die Idee entwickelt" habe, "den Teppich in die Dienstmaschine mit nach Deutschland zu nehmen". Ein BND-Sprecher bestätigte Welt Online den Vorgang und betonte, der Teppich, den Schindler bekommen habe, habe die "Freigrenze für Geschenke deutlich unterschritten".

Das ist alles insofern neu, als bisher der Eindruck entstanden war, Niebel habe dem BND-Chef sein privates Souvenir quasi ins Flugzeug legen und ihn mit den unerledigten Zoll- und Steuerformalitäten im Regen stehen lassen. Der politische Schaden jedenfalls ging allein bei Niebel nieder. Daran änderten auch seine zahlreichen Versuche nichts, seine Sicht der Dinge darzustellen. Zuletzt verwies das Ministerium in einer ungewöhnlich scharf formulierten Pressemitteilung darauf hin, dass Niebels Mitarbeiter nur in einem einzigen Anruf über die Ankunftsort und - zeit des Teppichs informiert worden seien. Darüber hinaus habe es keinerlei Absprachen mit dem BND gegeben.

Schindler glaubte bei Niebel an Gastgeschenk

Noch am Donnerstag hatte ein Bericht von Spiegel Online aber genau diesen Eindruck erweckt: Dort hieß es, es habe klare "Festlegungen" zwischen BND und Entwicklungsministerium gegeben über den Transport und die "etwaig erforderlichen Formalitäten" für die Teppich-Einfuhr. Auch diese Zitate stammen offenbar aus Schindlers Vermerk. Den zweiten Teppich und die Initiative des BND für den Transport erwähnte Spiegel Online zunächst nicht, sondern berichtete erst am Freitag darüber.

Weil ihm selbst ein Teppich überreicht worden war, ging Schindler offenbar davon aus, dass auch Niebels Knüpfwerk ein Gastgeschenk war. Inzwischen, so schreibt der Geheimdienstchef in seinem Vermerk, gehe er aber davon aus, "dass die Mitarbeiter der Residentur in Kabul wussten, dass der Teppich privat gekauft wurde". Warum ihm niemand davon berichtet hat, bleibt unklar.

Auch der Umstand, dass Notizen des Geheimdienstchefs über einen solchen Vorfall überhaupt an die Öffentlichkeit kommen, wirft Fragen auf und lässt auf einige Unruhe innerhalb des BND schließen.

Beendet ist die Affäre also noch nicht. Dem Vernehmen nach sollen Schindler und Niebel beide am Montag vor dem Geheimdienstgremium des Bundestages auftreten und Rede und Antwort stehen. "Der Transport von Teppichen ist nicht der Auftrag des Geheimdienstes", sagte der Linken-Politiker Wolfgang Neskovic, der im Aufsichtsgremium sitzt. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann, ebenfalls Mitglied in der Runde, hatte schon Mitte der Woche über den "Bundesnachsendedienst" gespottet. Beantragt worden war die Sondersitzung vom Grünen Christian Ströbele.

Affäre scheint für Merkel ausgestanden

Für die Bundeskanzlerin scheint die Affäre ausgestanden zu sein. Regierungssprecher Seibert sagte, er habe für die Bundesregierung deutlich gemacht, "dass wir diese Form der Einfuhr dieses einen Teppichs nicht für einen normalen und nicht für einen vollkommen korrekten Vorgang gehalten haben". Daraus seien Konsequenzen gezogen worden. Eventuelle Missverständnisse seien aufgeklärt worden.

"Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen", betonte Seibert. Fehlt also nur noch, dass Niebel die fälligen Abgaben leistet. Die Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 19 Prozent wolle er zahlen, kündigte der Minister an. Zollgebühren würden nicht anfallen, denn Einfuhren aus bestimmten Entwicklungsländern, zu denen auch Afghanistan gehöre, seien zollfrei.