Berlin - Nach der Griechenland-Wahl ringt die Bundesregierung um eine neue Linie gegenüber Athen.

Sowohl Bundesaußenminister Guido Westerwelle, der parlamentarische Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter als auch ein Regierungssprecher betonten, auch die nun zu bildende neue griechische Regierung müsse das vereinbarte Reformpaket ohne Abstriche umsetzen. Eine Debatte gibt es aber auch in der Bundesregierung darüber, ob Griechenland mehr Zeit erhalten soll, seine Verpflichtungen zu erfüllen - und wenn ja, wie viel. Nach der griechischen Parlamentswahl am Sonntag gilt eine Regierung von "Neuer Demokratie" und "Pasok" als wahrscheinlich. Beide Parteien akzeptieren die internationalen Auflagen für die milliardenschweren Finanzhilfen.

Für Aufregung sorgten vor allem Äußerungen Westerwelles. Der FDP-Politiker hatte am Sonntag gesagt: "Ich kann mir gut vorstellen, dass wir über Zeitachsen reden vor dem Hintergrund des Stillstandes in Griechenland in den vergangenen Wochen." Am Montag betonte er erneut, "dass die Wahlkämpfe in Griechenland wertvolle Zeit gekostet haben". Deshalb seien eine schnelle Regierungsbildung in Athen und eine rasche Prüfung der Lage durch die Troika aus EZB, EU-Kommission und IWF nötig. Dann könne man auch Vorschläge machen, wie man mit der Zeitverzögerung durch den Wahlkampf umgehe. Auch Finanz-Staatssekretär Kampeter hatte am Morgen betont: "Gleichzeitig ist uns klar, Griechenland kann auch nicht überfordert werden."

Im Auswärtigen Amt wurde betont, dass es nicht darum gehe, Griechenland ein oder zwei Jahre mehr Zeit für seine Reformauflagen zu geben, sondern nur um die Frage, wie man mit der eingetretenen Verzögerung bei der Umsetzung von Reformen um einige Wochen umgehe. Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), hatte gesagt, es gebe Zahlungsverpflichtungen, die in der vorgegebenen Zeit einfach nicht zu leisten seien.

Die Äußerungen Westerwelles über mehr Zeit für Griechenland waren in Regierungskreisen ausdrücklich als nicht abgestimmt bezeichnet worden. "Mit unterschiedlicher Akzentuierung sind sich alle einig, dass es jetzt keinen Sinn macht, über einen Zeitplan zu sprechen, so lange man noch nicht weiß, was ist", betonte Regierungssprecher Georg Streiter. "Es ist jetzt nicht die Zeit für irgendwelche Rabatte." Westerwelle verwies dagegen darauf, dass er am Wochenende mehrfach Kontakt auch mit Kanzlerin Angela Merkel gehabt habe.

Hintergrund der Kritik an seinen Äußerungen sind Sorgen in Teilen der Bundesregierung, dass die griechischen Konservativen Äußerungen über den Zeitplan als Ermutigung begreifen könnten, neue Bedingungen auszuhandeln. Tatsächlich kündigte Wahlsieger Antonis Samaras, der Chef der konservativen "Neuen Demokratie", Neuverhandlungen mit den internationalen Partnern an.

Härte für Athen als Mittel gegen Ansteckungsgefahr

Während der SPD-Politiker Schulz forderte, auch die Zinsen für Kredite an Griechenland zu senken, lehnte die Bundesregierung dies kategorisch ab. "Es bleibt bei dem, was vereinbart worden ist", sagte Westerwelle. "Wenn der Eindruck entstanden sein sollte, dass ich bereit wäre, bei der Reformnotwendigkeit in Griechenland Abstriche zu machen, ist das definitiv falsch", betonte er. Er habe "glasklar" betont, dass es bei der Umsetzung der vereinbarten Reformen bleiben müsse. Nur müsse die Troika prüfen, wie mit der wertvollen verlorenen Zeit umgegangen werden müsse.

Der Außenminister begründete die Ablehnung besserer Konditionen auch mit der negativen Auswirkung auf andere Euro-Staaten. "Dann kommen auch andere Länder. Denen könnten wir dann auch nicht widerstehen", sagte er. Es bestehe die Gefahr, dann auf eine schiefe Ebene zu geraten.