Bashar Al-Assad
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Ein Treffen der Vetomächte dürfte die Wende im Syrien-Konflikt bringen. Russland gibt seine Unterstützung für Assad offenbar auf. Der Machthaber kann auf Straffreiheit hoffen.

Die diplomatische Auseinandersetzung um Syrien steht vor einer Wende. Bei einem Treffen der fünf ständigen Mitglieder des Uno-Sicherheitsrates in Genf könnte Russland am Samstag seine Unterstützung für den syrischen Machthaber Baschar al Assad aufgeben und - wie die westlichen Staaten im Sicherheitsrat und die Arabische Liga - den Rücktritt des Präsidenten als Voraussetzungen für einen politischen Neuanfang fordern. "Wenn wir uns auf der Grundlage dieses Fahrplans treffen können", sagte US-Außenministerin Hillary Clinton bei einem Besuch in Helsinki, "dann wäre dies ein sehr sinnvolles Treffen". Voraussetzung für die Genfer Konferenz war offensichtlich, dass alle Teilnehmer zuvor dem Übergangsplan von Annan zustimmen. Wie die Financial Times Deutschland (FTD) aus europäischen diplomatischen Kreisen erfuhr, soll Russland für sein Einlenken Garantien erhalten, dass seine Interessen in der Region gewahrt bleiben.

Bislang hat Russland jeden einseitigen Schritt gegen die syrische Regierung entschieden abgelehnt und so Sanktionen gegen Damaskus im Sicherheitsrat verhindert. Immer wieder hatte der russische Außenminister Sergej Lawrow argumentiert, dass es für eine friedliche Beilegung des Konflikts nicht hilfreich sei, nur eine Seite zu verurteilen. Doch Russland ging es immer auch um seine Interessen in der Region. Syrien ist der letzte verbliebene enge Verbündete Moskaus im Nahen Osten. In Tatus unterhält die russische Kriegsmarine ihren einzigen Mittelmeerhafen, und Syrien importiert vor allem Waffen aus russischer Produktion. Sollte Moskau diesen Verbündeten verlieren, wäre es von den Entwicklungen in dieser Krisenregion weitgehend abgeschnitten.

Wenn der Kreml jetzt von Assad abrückt, dann wohl auch deshalb, weil sich in Moskau die Einsicht durchgesetzt hat, dass sich russische Interessen besser ohne als mit dem Diktator wahren lassen. Für den diplomatischen Stillstand der vergangenen Monate bedeutet diese Entwicklung einen entscheidenden Durchbruch. Assad hat damit außer dem Iran den letzten Verbündeten verloren. Das dürfte ihn auch Unterstützung in seinem eigenen Machtapparat kosten.

Exklusiver Kreis der Vetomächte

Ein Entgegenkommen des Westens ist auch das Format des Genfer Treffens. Dass über Syrien im exklusiven Kreis der Vetomächte ohne die nicht-ständigen Mitglieder wie etwa Deutschland und ohne Vertreter der arabischen Liga gesprochen wird, entspricht den hergebrachten russischen Vorstellungen von der weltweiten Machtverteilung. In diesem Format wird es den Russen sehr viel leichter fallen, Kompromisse zu schließen. Annan hat darüber hinaus auch den Vorsitzenden der Arabischen Liga Syriens eingeladen, um über die Implementierung des neuen Friedenplans zu sprechen. Vertreter der syrischen Regierung sind ausdrücklich nicht eingeladen.

Richtschnur für das künftige Vorgehen dürfte im Prinzip weiter der Annan-Plan sein, der einen Waffenstillstand und Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien über die Zukunft des Landes vorsieht. Voraussetzung dafür ist nach Ansicht der Vetomächte nun aber ein Rücktritt von Assad, die so genannte jemenitische Lösung. Im Jemen hat der Uno-Sicherheitsrat Diktator Ali Abdullah Saleh im Oktober vergangenen Jahres aufgefordert abzutreten, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Im Gegenzug wurde Saleh zähneknirschend Straffreiheit zugesagt. Eine solche Lösung haben Deutschland und die USA in den vergangenen Wochen auch für Assad in die Diskussion gebracht. Dieses Vorgehen scheint nun auch Russland zu unterstützen.

Zur Koordinierung des Übergangs von außen soll eine neue Kontaktgruppe eingerichtet werden, der neben den Vetomächten auch die EU, die Arabische Liga sowie Nachbarstaaten Syriens angehören sollen. Nach Kritik der USA und Großbritanniens an der Teilnahme des Iran an dieser Gruppe, scheint es noch unklar zu sein, ob Teheran in die Kontaktgruppe eingeladen wird. Erst im Laufe der Entwicklung, wenn die Gespräche zwischen den Konfliktparteien über den Übergangsprozess in Gang gekommen sind, soll es eine neue Beobachtermission der Uno geben. Die Arbeit einer unbewaffneten Mission, die im April beschlossen worden war und die formell in drei Wochen ausläuft, ist vergangene Woche nach immer gewaltsameren Auseinandersetzungen ausgesetzt worden.