Der britische Pharmakonzern GlaxoSmithKline (GSK) - aus Sicht der US-Regierung eine juristische »Person« - hat sich im laut Mainstreammedien größten Medizinskandal der Geschichte schuldig bekannt. Obwohl das Unternehmen insgesamt drei Milliarden Dollar Strafe berappen muss, wird kein Angestellter oder Direktor von GSK persönlich zur Rechenschaft gezogen.
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Rund neun Jahre währende Ermittlungen der US-Regierung hatten erheblichen Rechtsmissbrauch durch GSK ans Licht gebracht: illegale Werbung für Medikamente, gefälschte Daten über Medikamentensicherheit, Schmiergeldzahlungen an Ärzte, damit diese gefährliche und teure Medikamente verordneten, Betrug gegen die öffentlichen Krankenversicherungen Medicare und Medicaid sowie falsche Angaben über Wirksamkeit und Sicherheit von Medikamenten. Diese Machenschaften haben GSK im Laufe der Jahre Gewinne in Milliardenhöhe eingebracht, während gleichzeitig bei Tausenden von Patienten, die die betreffenden Medikamente eingenommen haben, schwere Nebenwirkungen auftraten, in einigen Fällen mit tödlichen Folgen.

Anstatt jedoch irgendeinen der für solche Verbrechen persönlich Verantwortlichen strafrechtlich zu verfolgen, hat die US-Regierung zugestimmt, dass GSK einfach eine Milliarde Dollar Strafgeld zur Beendigung des strafrechtlichen Verfahrens und zwei weitere Milliarden zur Abdeckung zivilrechtlicher Ansprüche bezahlt. Diese Summe von drei Milliarden ist nur ein Bruchteil dessen, was GSK aufgrund des gesetzwidrigen Verhaltens eingestrichen hat - und die Angestellten des Konzerns sind jetzt praktisch frei, so weiterzumachen wie bisher, ohne ein gerichtliches Nachspiel fürchten zu müssen.

Big Pharma betrachtet gerichtliche Einigungen einfach nur als andere Form von Betriebskosten

Für die meisten klingt ein Betrag von drei Milliarden Dollar nach einer Menge Geld, aber für ein Unternehmen, das allein im vergangenen Jahr 42 Milliarden Dollar eingenommen hat, ist es in Wirklichkeit gar nicht so viel. Tatsächlich hat GSK laut Reuters eingewilligt, die Strafen aus Bargeldreserven des Unternehmens zu zahlen, die anscheinend spezifisch für solche Zwecke vorgesehen sind.

Das heißt, dass GSK und höchstwahrscheinlich auch alle anderen Pharmakonzerne kriminelles Vorgehen als Teil ihres normalen Geschäftsgebarens betrachten und die Gelder für Vergleiche und Strafen nur als andere Form von Betriebskosten. In diesem Fall konnte GSK zig Milliarden Dollar durch illegale Werbungs- und Verkaufstaktiken einkassieren und brauchte nur einen Bruchteil dieser Einnahmen, um das US-Justizsystem auszuzahlen.

Wenn Sie es recht überlegen, ermuntert das Rechtssystem Pharmakonzerne geradezu, das Recht zu brechen, denn dadurch können sie langfristig weit höhere Gewinne erwirtschaften. Solange die Pharmaunternehmen, die das Recht mit Füßen treten, bereit sind, einen Teil des Kuchens mit der Regierung zu teilen, sobald Ermittler auftauchen, die eine Razzia durchführen wollen, brauchen die Unternehmens-»Personen« der Pharmaindustrie keine echten rechtlichen Konsequenzen zu fürchten, wenn sie weiter tun, was sie wollen.

Jeder Direktor, Wissenschaftler, Verkäufer oder Angestellter in Diensten von GSK, der etwas Illegales tut, sollte verhaftet und vor Gericht gestellt werden

In einer Welt, in der Gerechtigkeit herrscht, würden die GSK-Angestellten, die an den jahrzehntelangen kriminellen Geschäften beteiligt waren, umgehend verhaftet und vor Gericht gestellt. Jeder Direktor des Unternehmens, jeder Wissenschaftler im Labor, regionaler Vertriebsleiter, Verwaltungsangestellter oder Arbeiter bei GSK, der willentlich an der betrügerischen Kampagne beteiligt war, sollte zur Rechenschaft gezogen und zu einer Geld- oder Gefängnisstrafe verurteilt werden.

Laut Reuters ist ein solches Szenario in diesem Fall trotz der Einigung nicht ganz ausgeschlossen. Doch die US-Staatsanwaltschaft hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob einzelne Vertreter von GSK persönlich strafrechtlich verfolgt werden - was die Vermutung nahelegt, dass es nicht dazu kommen wird. Und wenn niemand persönlich für die illegal erwirtschafteten Gewinne bei GSK verantwortlich gemacht wird, dann wird sich GSK das korrupte System wahrscheinlich für alle Zeiten zunutze machen.

»Wir lernen daraus: Geld bedeutet keine Abschreckung gegen illegale Unternehmenspraktiken«, zitiert die New York Times den ehemaligen New Yorker Generalstaatsanwalt Eliot Spitzer. Er hatte 2004 wegen illegaler Werbung und Falschinformation über das Antidepressivum Paxil ein Verfahren gegen GSK angestrengt. »Meiner Meinung nach wirkt nur eines, nämlich, dass Direktoren und Vertreter der Geschäftsleitung zum Rücktritt gezwungen und die persönliche Schuldhaftigkeit durchgesetzt wird.«


Quellen für diesen Beitrag waren unter anderem:

Reuters
Businessweek
New York Times