Ein Unwetter hat gestern zwischen Nonnenhorn, Oberreitnau und Schlachters alles Obst kaputt gemacht
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© Christian FlemmingZehn Minuten Hagel haben die Jahresernte einiger Obstbauern wie Stefan Büchele (links) und Andreas Willhalm zerstört.
Kreis Lindau „Es ist eine Katastrophe. Wenn ich mich richtig erinnere, gab es 1968 das letze Mal solch einen heftigen Hagelsturm.“ Der Bodolzer Landwirt Lothar Zürn vermag es kaum in Worte zu fassen, welchen Schaden das Gewitter angerichtet hat, das an diesem Dienstag um kurz vor fünf am bayerischen Bodensee getobt hat. Während auf der Lindauer Insel nicht ein Regentropfen fiel und auch die Anlagen in Rickenbach und der Bösenreutiner Steig verschont blieben, zerschlugen kirschkerngroße Hagelkörner zwischen Nonnenhorn, Wasserburg-Hege, Bodolz, Schönau, Oberreitnau, Oberrengersweiler, Weißensberg und Schlachters bei vielen Landwirten die komplette Jahresernte an Äpfeln, Birnen, Zwetschgen, Kirschen und Trauben. „Ich glaube nicht, dass wir aus unseren Anlagen etwas auf den Markt bringen können“, sagt Zürn.

Auch Andreas Willhalm spricht vom „Totalschlag“ 90 bis 100 Prozent der Äpfel in den betroffenen Anlagen sind zerstört. „So große Dinger habe ich noch nie gesehen“, sagt Willhalm. Mit seinem Freund und Kollegen Stefan Büchele begutachtet er den Schaden. Die Körner hätten Laub zerfetzt und Äpfel zerschlagen. Inwieweit die Rinden betroffen und damit möglicherweise ganze Bäume kaputt sind, werden erst die kommenden Tage zeigen. Willhalm baut auch Salat an. Die Ernte ist zerstört, „den kann ich runterfräsen.“

Es war kurz vor 17 Uhr als aus dem rabenschwarz gefärbten Himmel die Hagelkörner fielen. „Die sind im Garten nur so gesprungen“, beschreibt Markus Franz aus Bodolz, der einen Obst und Ferienhof bewirtschaftet: „Du wirfst einen Blick aus dem Fenster, und es bricht eine Welt zusammen. Innerhalb von fünf Minuten geht die Arbeit eines Jahres den Bach runter.“ Auf acht Hektar baut Markus Franz Obst an. Eine erste Fahrt durch seine Anlagen hat bittere Gewissheit gebracht: „Ich habe auf den ersten Blick keinen Apfel gesehen, der keinen Einschlag hat.“

Weder Zürn noch Franz haben bislang Hagelnetze über ihren Anlagen. Die Anschaffung der teuren Netze habe sich noch nicht gelohnt: „Natürlich habe ich mir das überlegt. Doch ich bin in keiner Genossenschaft, die Zuschüsse für die teure Anschaffung gibt. Und im Gegensatz zu Baden-Württemberg fördert der Freistaat die Netze nicht.“ Und glaubt man Klaus Strodel aus Weißensberg, will die Anschaffung von Hagelnetzen auch gut überlegt sein. Ihr Kauf sei nicht nur kostspielig. „Auch die Erträge sind unter dem Netz schlechter, da weniger Licht auf den Baum fällt.“ Das habe Auswirkungen auf die Färbung und die Knospenbildung.

Die Äpfel seiner Anlage in Rothkreuz seien nach diesem Hagelschaden nur noch für die Herstellung von Apfelsaft, Most oder Schnaps zu gebrauchen. Gut fünf Hektar - das sind etwa ein Drittel seiner Anbaufläche - habe Totalschaden erlitten. „Mein Glück ist, dass unsere Felder gut verteilt sind“, berichtet Strodel. Wie die meisten seiner Kollegen hat Strodel keine Versicherung gegen Hagelschaden abgeschlossen. „Bei den hohen Prämien, die fällig werden, überlegt man sich das gut“, erklärt Strodel. „Denn man kann keine einzelnen Felder versichern, sondern nur seinen gesamten Betrieb.“

Winzern bleibt noch Hoffnung

Während bei vielen Obstbauern die Ernte 2012 den Bach runter ist, bleibt einigen Winzern noch ein Funke Hoffnung. Trauben, die auf der windabgewandten Seite wachsen und damit vom Hagel verschont geblieben sind, könnten durchaus noch ein wenig Ertrag abwerfen. „Das kommt auf das Wetter in den nächsten Tagen an“, sagt Josef Gierer, Sprecher der Winzer am bayerischen Bodensee. „Ist es trocken und heiß, vertrocknen die beschädigten Trauben und fallen ab. Ist es aber feuchtwarm, kann es sein, dass wir Fäulnis bekommen. Das wäre eine Katastrophe.“

Einen Hagelsturm wie am Dienstagabend hat der Nonnenhorner Winzer in seinen 30 Berufsjahren noch nie erlebt. Gut zweieinhalb Stunden nach dem Gewitter sei der Boden zwischen den Reben noch immer weiß gewesen. Überall seien Blätter herumgelegen, die davon zeugten, wie sehr der Sturm in den Anlagen gewütet habe. Die Nonnenhorner Winzer habe es sehr stark erwischt, das hat Gierers Kontrollfahrt ergeben: „Wie hoch der gesamte Schaden ist, kann ich im Augenblick nicht abschätzen. Das werden wir in den nächsten Tagen sehen.“