Zwerggalaxie
© NASA, ESA, and T. Brown (STScI)Hubble-Aufnahme der lichtschwachen Zwerggalaxie "Leo IV": Die linke Abbildung zeigt einen Ausschnitt der Galaxie (weißer Rahmen) von 83 x 163 Lichtjahren. Die wenigen Sterne in "Leo IV" werden von Nachbarsternen und Galaxien im Hinterrund (mittlere Abbildung) nahezu überstrahlt. Die rechte Abbildung zeigt lediglich die Sterne in "Leo IV".
Baltimore (USA) - Mit dem Weltraumteleskop Hubble haben Astronomen die kleinsten und lichtschwächsten Galaxien in unserer kosmischen Nachbarschaft ausfindig gemacht. Diese Galaxien sind sozusagen lebende Fossilien des frühen Universums und haben sich seit rund 13 Milliarden Jahren kaum verändert. Die Entdeckung könnte Astronomen dabei helfen, das astronomische Rätsel der sogenannten "fehlenden Satellitengalaxien" zu lösen, in dem die Beobachtung von lediglich einer handvoll Satellitengalaxien rund um die Milchstraße der eigentlich von bisherigen Theorien vorhergesagten tausenden von Galaxien gegenüberstehen.

Schon lange rätseln Astronomen darüber, warum einige der extrem lichtschwachen Zwerggalaxien in der direkten Nachbarschaft der Milchstraße so auffallend wenige Sterne beinhalten. Bei diesen Galaxien handelt es sich um die kleinsten, ältesten und am wenigsten veränderten Galaxien im Universum. Entdeckt wurden sie innerhalb der vergangenen zehn Jahre mit der computergesteuerten Himmelsdurchmusterung "Sloan Digital Sky Survey".

Warum diese Galaxien jedoch so auffallend wenige Sterne beinhalten und warum davon erst so wenige gefunden wurden, konnten die Astronomen erst jetzt mit Hilfe des Weltraumteleskops Hubble beantworten.

Die neuen Hubble-Aufnahmen der lichtschwachen Zwerggalaxien n Herkules, Leo IV und Ursa Major offenbaren nun, dass in allen drei Galaxien die Sternentstehung vor mehr als 13 Milliarden Jahren und damit innerhalb der erste Milliarde Jahre nach dem Urknall begann und dann abrupt stoppte. Tatsächlich entspricht das Alter der Sterne in diesen Galaxien dem von "Messier 92" und damit einem dem ältesten bislang bekannten Kugelsternhaufen innerhalb der Milchstraße überhaupt.

Das Team um Tom Brown of the Space Telescope Science Institute sieht als wahrscheinlichsten Grund für den abrupten Stopp in der Entwicklung der Galaxien das Phänomen der sogenannten Reionisation als Folge des Ausbrennens der ersten Sterne im Universums. Die Strahlung dieses Vorgangs, in dem die ersten Sterne kaltes Wasserstoffgas verbrannten, war es denn auch, die Elektronen aus den ersten Wasserstoffatomen herausschlug und das kalte Wasserstoffgas im frühen Universum somit ionisierte.

Die selbe Strahlung, die das Universum also reionisierte scheint, so die Schlussfolgerung der Forscher um Brown, in den erst rund 100 Millionen Jahren zuvor überhaupt erst entstandenen frühen Kleinstgalaxien die Sternentstehung unterbunden zu haben.

Mit nur rund 2.000 Lichtjahren Durchmesser handelt es sich bei diesen Zwerggalaxien um vergleichsweise leichtgewichtige Verwandte der deutlich helleren und massereicheren Sternentstehungsgalaxien in der Nähe unsere Milchstraße. Gerade ihre geringe Masse war es denn vermutlich auch, die es den Galaxien nicht ermöglichte, sich vor der starken ultravioletten Strahlung abzuschirmen. Dadurch wurde das wenige Gas in ihrem Innern in einer Flut aus ultravioletter Strahlung hinfort gerissen, weshalb kein Material mehr zur weiteren Sternentstehung vorhanden war.

Somit könnte die Entdeckung dieser Galaxien das Problem der fehlenden Satellitengalaxien erklären, von welchen es laut den theoretischen Vorhersagen eigentlich tausende geben müsste. Stattdessen ist bislang jedoch nur eine handvoll bekannt.

Eine sich nun auftuende mögliche Erklärung für die so auffallend geringe Anzahl ist jene, dass es nur sehr wenige oder sogar gar keine Sternentstehung in diesen lichtschwachen Zwerggalaxien gab, weshalb die nahezu unsichtbar sind.

Im Vergleich zu den normalen Nachbargalaxien unserer Milchstraße, die eine Unzahl von Sternen beheimaten können, finden sich in diesen Galaxien gerade einmal einige hundert oder tausend - "dafür aber eine große Menge an Dunkler Materie", so die Forscher. "Normale Zwerggalaxien in der Nähe der Milchstraße beinhalten zehn Mal mehr Dunkle als normale Materie aus Gas und Sternen. In den ultraschwachen Zwerggalaxien überwiegt die Dunkle Materie die normale mindestens um das Hundertfache."

Aus diesem Grund könnte es noch dutzende von lichtschwachen Zwerggalaxien geben, in welchen es nur vergleichsweise wenige Sterne gibt. Galaxien nahezu gänzlich ohne Sterne könnten sogar tausendfach vorhanden sein.

Quelle: spacetelescope.org, esa.int