Bewaffnete zünden Häuser an und brennen Dörfer nieder. Jetzt fliehen rund 50.000 Menschen vor Kämpfen zwischen muslimischen Einwanderern aus Bangladesch und Angehörigen der Bodo-Volksgruppe. Ausgangssperren sollen die Gewalt eindämmen.
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© AFPMitglieder der Volksgruppe Bodo verlassen ihre Häuser im indischen Bundesstaat Assam
Hamburg - Zehntausende Menschen sind nach tagelangen Kämpfen zwischen Volksstämmen und muslimischen Einwanderern im Nordosten Indiens auf der Flucht. Im Bundesstaat Assam, der an Bhutan und Bangladesch grenzt, wurden seit Freitag 19 Menschen getötet, wie die Polizei am Montag mitteilte. Bewaffnete zogen nach Angaben von Entwicklungshelfern und Polizisten durch das Dschungelgebiet und zündeten reihenweise Bambushütten an.

Ein Dorf nach dem anderen sei niedergebrannt worden, sagte ein hochrangiger Polizist. "Das ist der völlige Wahnsinn hier. Die Leute sind von allen guten Geistern verlassen." Mit Einbruch der Dunkelheit wurde eine Ausgangssperre verhängt, um zu verhindern, dass sich die Gewalt ausbreitet.

Offiziellen Schätzungen zufolge haben etwa 50.000 Menschen ihre Häuser verlassen und in Dutzenden Flüchtlingslagern Schutz gesucht. Besonders betroffen sei der Distrikt Kokrajhar. Die Gewalt habe sich inzwischen aber auch auf den benachbarten Bezirk Chirang ausgeweitet. Geschäfte, Büros und Schulen seien geschlossen geblieben, die Straßen seien menschenleer. Der Zugverkehr in der Region sei unterbrochen.

Soldaten und paramilitärische Einheiten patrouillierten in entlegenen Gebieten. Die Beziehung zwischen den Bewohnern der Region und den Einwanderern vor allem aus Bangladesch ist seit Jahren angespannt.

Lokalen Medienberichten zufolge war die Gewalt am Donnerstag ausgebrochen, als zwei muslimische Studentenführer erschossen wurden. Daraufhin seien in einer Vergeltungsaktion vier frühere Bodo-Rebellen getötet worden. Das habe eine Spirale der Gewalt ausgelöst. Soldaten wurden in die Region entsandt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen.

Nach Angaben der Polizei wurden seit dem Ausbruch der Gewalt in zahlreichen Häusern und Geschäften Brände gelegt. Die Polizei befürchtete ein Übergreifen der Auseinandersetzungen auf benachbarte Regionen.

In Assam kommt es immer wieder zu Spannungen zwischen der alteingesessenen Bevölkerungsmehrheit und Einwanderern aus anderen Landesteilen Indiens sowie aus dem benachbarten Bangladesch. Oftmals sind separatistische Gruppen für die Angriffe verantwortlich, die für die Unabhängigkeit der Region von Indien oder mehr Autonomie kämpfen. Die Bodos sind eine von mehr als 200 Volksgruppen, die seit Jahrhunderten im Nordosten Indiens siedeln. 2008 kamen in der Region 50 Menschen bei ähnlichen Kämpfen ums Leben.