Gewässer an deutschen Äckern sind teilweise massiv mit giftigen Insektiziden belastet. Die Messwerte hätten die prognostizierten Mengen zum Teil um das Zehn- bis Tausendfache überschritten. Dabei handele es sich um Insektizide wie Chlorpyrifos, Cypermethrin und Fenvalerate.

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Gewässer an deutschen Äckern sind nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen teilweise massiv mit giftigen Insektiziden belastet. Das geht aus einer Studie der Universität Koblenz-Landau hervor. Die Giftbelastung liegt demnach teilweise um ein Vielfaches über den vorausberechneten Werten, heißt es in der Studie. Dabei haben die EU und Deutschland erst 2009 das Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln für die Landwirtschaft novelliert.

Für die Untersuchung hat ein Team um den Umweltwissenschaftler Ralf Schulz in 122 Fällen Insektizid-Mengen in Gewässern um Äcker gemessen und mit den Werten verglichen, die im Zulassungsverfahren vorhergesagt worden waren. "Das Ergebnis ist besorgniserregend", sagte Schulz zu SPIEGEL ONLINE. "In bis zu vier von zehn Fällen ist die tatsächliche Belastung der Gewässer höher als vorausberechnet. Bei neuen Insektiziden liegt diese Quote sogar darüber."

Die Messwerte hätten die prognostizierten Mengen zum Teil um das Zehn- bis Tausendfache überschritten. Dabei handele es sich um Insektizide wie Chlorpyrifos, Cypermethrin und Fenvalerate. Wie groß die Gesundheitsgefahr genau ist, lässt sich allerdings nur schwierig sagen. Denn anders als für Trinkwasser gibt es für Oberflächengewässer laut Schulz keine Insektizid-Grenzwerte.

Insektenvernichtungsmittel sind äußerst toxisch. Gelangen größere Mengen zum Beispiel durch Regen in Flüsse und Seen, können sie dort Tiere absterben lassen und auch für Menschen zur Gefahr werden. Um das zu verhindern, wird bei neuen Insektiziden vor der Markteinführung in einem Zulassungsverfahren ermittelt, wie und in welcher Dosierung sie aufgebracht werden müssen. Laborergebnisse und Freilanderhebungen werden mit Hilfe eines mathematischen Modells zu einer Prognose über die erwartete Insektizidbelastung verrechnet.

Das kann aber offenbar nicht verhindern, dass hohe Mengen der giftigen Stoffe in die Natur gelangen. "Das Modell hat nichts mit der Realität zu tun", betont Schulz. "Die bisherigen Validierungen sind nicht imstande, das Ganze richtig zu bewerten."

Bis die Ursachen für die erhöhten Messwerte eindeutig geklärt sind, sollten beim Zulassungsverfahren die derzeit gültigen Werte für die vorhergesagten Insektizid-Konzentrationen vorsichtshalber um das Zehnfache erhöht werden, fordern Schulz und seine Kollegen. Dies würde bei den Prognosen einen Sicherheitspuffer einführen und die Gewässer schützen.