Sanaa/Kairo - In der islamischen Welt weiten sich die Proteste gegen einen Schmäh-Film über den Propheten Mohammed aus.

Unter dem Ruf "Wir opfern uns für dich, Gesandter Gottes" stürmten am Donnerstag im Jemen Hunderte Demonstranten das Gelände der US-Botschaft. Vor der amerikanischen Vertretung in der ägyptischen Hauptstadt Kairo warfen aufgebrachte Demonstranten Steine auf Polizisten. Auch im Iran und Bangladesch kam es zu Protesten gegen den in den USA produzierten Film. US-Präsident Barack Obama entsandte zwei Zerstörer vor die libysche Küste, wo der Botschafter und drei Mitarbeiter von Islamisten getötet worden waren.

Befürchtet wird ein Gewaltausbruch wie 2006, als nach Protesten gegen die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in einer dänischen Zeitung mindestens 50 Menschen im Nahen Osten, Asien und Afrika ums Leben kamen. In Afghanistan wurde Regierungskreisen zufolge das Videoportal YouTube dauerhaft gesperrt, um anti-amerikanische Proteste nicht zu forcieren. Präsident Hamid Karsai nannte den Film einen "teuflischen Akt", sagte aber, bei den Machern handele es sich um eine Minderheit. Der Amateur-Film stellt den Propheten Mohammed als Homosexuellen, Kindes-Vergewaltiger und Schürzenjäger dar. Die USA verstärkten weltweit die Sicherheitsvorkehrungen an den Botschaften.

Für Aufregung sorgte in Berlin der Verdacht eines Giftanschlags auf das US-Konsulat. Nach mehreren Stunden gab die Polizei jedoch Entwarnung, es seien keine gefährlichen Substanzen gefunden worden.

DEMONSTRANTEN DURCHBRECHEN BOTSCHAFTSTOR IM JEMEN

In der jemenitischen Hauptstadt Sanaa schossen Sicherheitskräfte Augenzeugen zufolge in die Luft, um die Menge aufzuhalten, die durch das Haupttor des schwer bewachten Geländes brach. Bei den Protesten kam nach Krankenhausangaben ein Mensch ums Leben. Mindestens 15 Menschen wurden verletzt. Auf dem Gelände brach ein Feuer aus. In angrenzenden Wachhäusern wurden Fenster eingeworfen, mehrere Autos in Brand gesetzt. Ein Botschaftssprecher sagte, die Mitarbeiter seien in Sicherheit. Augenzeugen berichteten, die Sicherheitskräfte hätten zunächst nichts unternommen, als die Demonstranten Richtung Botschaft aufbrachen. In Bangladesch versuchten rund 1000 Islamisten, zur US-Botschaft in Dhaka zu marschieren. Auch in Tunesien, Marokko und dem Sudan war es zuvor zu Protesten gekommen.

Der Jemen ist ein wichtiger Verbündeter in dem von den USA ausgerufenen Kampf gegen den Terrorismus. Das Land ist Stützpunkt der Al-Kaida auf der arabischen Halbinsel, der nach Ansicht der USA gefährlichsten Gruppe innerhalb der von Osama bin Laden gegründeten Extremisten-Organisation. Vor allem im Süden des Jemen kämpfen Regierungsgruppen gegen Al-Kaida-Aufständische.

ÄGYPTENS PRÄSIDENT FÜR FRIEDLICHE PROTESTE GEGEN FILM

In Kairo feuerten Sicherheitskräfte in der Nähe der US-Botschaft mit Tränengas auf Demonstranten, die mit Steinen warfen. Augenzeugen berichteten von Protestierenden mit Brandsätzen. Im Fernsehen waren Hunderte Menschen vor dem Gebäude der US-Vertretung zu sehen. Dem Gesundheitsministerium zufolge wurden 70 Menschen verletzt.

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi versicherte, seine Regierung werde alle Ausländer im Land schützen. Die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit seien garantierte Rechte, "aber ohne, dass privates oder öffentliches Eigentum, diplomatische Vertretungen oder Botschaften angegriffen werden", sagte Mursi.

US-Präsident Obama forderte eine rasche Bestrafung der Täter von Bengasi. In einem Telefonat mit dem Präsidenten der libyschen Nationalversammlung, Mohammed Magarief, vereinbarte er eine enge Zusammenarbeit bei den Ermittlungen, wie das US-Präsidialamt mitteilte.

Zu dem umstrittenen Film gibt es einen 14-minütigen Trailer, der im Internet zu sehen ist. Google, dem YouTube gehört, sperrte den Trailer zwar in Ägypten und Libyen wegen der besonderen Umstände dort. Ansonsten sind die Filmausschnitte aber frei zugänglich. Google will das Video nach eigener Auskunft nicht aus dem Netz nehmen, weil dieses nicht gegen die eigenen Richtlinien verstoße. Als verantwortlich für den Film gilt ein Mann, der nach eigenen Angaben ein in Kalifornien lebender Israeli ist.