Der spanische Mobilfunkkonzern möchte seine Kundendaten zu Geld machen. Die Information, wer sich wo wie lange aufhält, soll an Werbung und Industrie verkauft werden.
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Der spanische Telefonkonzern Telefonica will die Daten seiner Kunden nicht nur sammeln, sondern - wie tagesschau.de berichtet - auch zu Geld machen. Oder, wie das Unternehmen es in einer Mitteilung ausdrückt: Man wolle "die potenziellen Möglichkeiten identifizieren, aus 'Big Data' finanziellen Nutzen zu ziehen".

Mit Big Data sind Informationen gemeint, die im täglichen Geschäft von Mobilfunkunternehmen so anfallen, also vor allem sogenannte Bewegungsdaten der Telefonica-Kunden. Wer befindet sich wo, wann, wie lange, wohin geht er anschließend: Aus diesen Informationen will das Unternehmen Geld machen, indem es sie anonymisiert an Handelsunternehmen und Werbung verkauft. Das Projekt heißt "Smart Steps" und wurde bereits Anfang Oktober gestartet.

Solche Ansätze gibt es viele. Microsoft, Google, Apple und Facebook versuchen genau das - sie wollen möglichst genau zugeschnittene Werbung liefern können. Wer vor einem Turnschuhgeschäft steht, und vor ihm stehen bleibt, könnte dann beispielsweise von genau diesem Geschäft ein Sonderangebot bekommen, das ihn hineinlockt. Die Datenbasis liefern das Smartphone und die Interessenhistorie bei Google oder in sozialen Netzwerken.

Letztlich sind es Vorratsdaten

Eigentlich nichts Neues also. Und Telefonica hat im Gegensatz zu Google und Facebook auch keine Hinweise darauf, wofür sich die Menschen so interessieren. Dafür weiß das Unternehmen sehr genau, wie alt der Betroffene ist, welches Geschlecht er hat und in welchen anderen Zusammenhängen er sich herumtreibt. Daher hat es bisher aus gutem Grund noch kein Mobilfunkunternehmen gewagt, dieses Geschäftsfeld zu erschließen.

Denn gerade die Bewegungsdaten von Mobilfunkgeräten gelten als riskant, wenn es um die Privatsphäre geht. Das hat vor allem die Debatte um Vorratsdatenspeicherung gezeigt. Mit solchen Handydaten lassen sich Lebensgewohnheiten und Eigenarten ausspähen, sie verraten nicht nur Bewegungen, sondern auch Kontakte und Haltungen - wie nicht zuletzt das Beispiel des Grünen-Politikers Malte Spitz zeigt. Entsprechend wild sind staatliche Ermittler auf solche Daten.

Gerade erst gab es hierzulande eine Diskussion darüber, wie lange Telefonfirmen eigentlich was speichern dürfen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte musste ihnen darin Nachhilfe geben, weil gerne mal mehr aufbewahrt wird, als nötig ist. Das Beispiel Telefonica zeigt, warum.

Selbst anonymisiert taugen die Informationen, um Menschen sehr genau zu kategorisieren und in bestimmte Profile einzuordnen. Und sind nur genug Daten vorhanden, ist es kaum noch möglich, sie wirklich zu anonymisieren: Je mehr Datenpunkte es gibt, desto genauer zeigen sie letztlich auf einen bestimmten Menschen. Die Seite tagesschau.de zitiert denn auch Thilo Weichert, den Datenschutzbeauftragten des Landes Schleswig-Holstein: "Standortdaten sind hochsensibel, weil eben über sie eindeutig erkennbar ist, wo sich jemand aufhält. Insofern sehe ich es mit großen Bauchschmerzen, dass jetzt offensichtlich Telekommunikationsunternehmen beginnen, diese Daten in die Welt zu streuen."

Widerspruch ist kaum möglich

Telefonica versichert, sich bei seinen Plänen an die Vorgaben des Datenschutzes zu halten. Allerdings haben die Kunden keine Möglichkeit, dem zu entgehen. Denn bei Mobiltelefonen werden die Standortdaten immer erhoben - es braucht sie, um überhaupt Telefonate vermitteln zu können. Der Kunde kann also nicht widersprechen oder die Funktion ausschalten, wie es etwa bei Apps möglich ist.

Der spanische Konzern ist mit seinen Plänen offenbar schon ziemlich weit. In Deutschland arbeitet er mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) zusammen. Tagesschau-Autor Marc Dugge zitiert die GfK, Smart Steps werde zunächst in Großbritannien an den Start gehen, Deutschland solle folgen.