Bad Belzig - Die Zahlen sind alarmierend: Bis zu 6000 Frauen werden im Landkreis Potsdam-Mittelmark jedes Jahr Opfer von häuslicher Gewalt. Das sagte Heiderose Gerber, Geschäftsführerin des Autonomen Frauenzentrums Potsdam. „Die Dunkelziffer ist allerdings enorm, doch immer mehr Fälle werden bekannt“, erklärte Gerber.

Der Verein bietet Hilfe und Beratung, betreibt ein Frauenhaus und eine Zufluchtswohnung in der Landeshauptstadt. „Immer mehr Opfer nehmen jetzt unsere Angebote an“, berichtete Gerber.

So sei die Zahl der Beratungsgespräche von 572 im Jahr 2003 auf 1270 in 2011 gestiegen. Gerber und ihre Kollegen berieten im vorigen Jahr 174 Opfer, 2003 waren es noch 45.

2011 kamen laut Gerber 96 Mütter und Kinder im Frauenhaus unter, davon stammten 21 Prozent aus der Region zwischen Havel und Fläming. Insgesamt 14 Frauen fanden gemeinsam mit ihrem Nachwuchs Unterschlupf in der Zufluchtswohnung. Von den Schutzbedürftigen waren 35 Prozent in Potsdam-Mittelmark gemeldet.

Im Frauenhaus in Brandenburg an der Havel fanden voriges Jahr 71 Frauen und 65 Kinder Zuflucht, davon stammten 25 Frauen und 23 Kinder aus dem Kreisgebiet. In diesem Jahr nutzten bereits 32 Frauen und 27 Kinder das Angebot.

„Darunter sind auch viele Betroffene aus dem Fläming“, berichtete Ines-Angelika Lübbe, Gleichstellungsbeauftragte in der Kreisverwaltung. Im Landkreis gibt es keine solche Einrichtung.

Die Ursachen für häusliche Gewalt sind Ines-Angelika Lübbe zufolge vielschichtig. „Arbeitslosigkeit, Stress im Beruf, psychische Probleme und Alkohol können Auslöser sein“, erklärte sie. „Gewalt gegen Frauen hat aus meiner Sicht zugenommen“, sagte Lübbe. Häusliche Gewalt betreffe aber auch Männer.

Landrat Wolfgang Blasig (SPD) bezeichnete die Brutalität als „erschütternd für eine aufgeklärte Gesellschaft, sie ist auch in Potsdam-Mittelmark ein Thema“. Von einem Anstieg wolle er dennoch nicht sprechen. Vielmehr sei das immer besser ausgebaute Netzwerk an Beratungs- und Zufluchtsstellen Grund dafür, dass zunehmend Fälle bekannt würden, sagte er.

Das sieht auch die Potsdamer Beraterin Monika Kirchner so. „Die Dunkelziffer lichtet sich“, sagte sie. Laut Kirchner betrifft die Problematik mit rund elf Prozent auch viele ausländische Familien. „Rund elf Prozent der ratsuchenden Frauen kommen aus Russland, Bulgarien, der Ukraine, Spanien, den Niedelanden, Mexico, Namibia, Kamerun, Vietnam und Indien“, listete Kirchner auf. Deshalb würden Gespräche auch zusätzlich in Englisch und Russisch angeboten, sagte sie.

Am 25. November wird auch in Potsdam-Mittelmark der internationale Aktionstag gegen Gewalt an Frauen begangen (siehe Infokasten). „Damit wollen wir ein Zeichen setzen und auf die Problematik aufmerksam machen“, erklärte Ines-Angelika Lübbe.