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In Deutschland arbeiten immer mehr Ärzte aus dem Ausland. Das ist gut, denn sonst blieben viele Stellen in Kliniken unbesetzt. Doch Verbände fordern mehr und bessere Sprachkurse: Viele der neuen Kollegen sprechen so schlecht Deutsch, dass Patienten in Gefahr geraten.

Der Patient eines sächsischen Kreiskrankenhauses hatte Angst. Sein Knie hatte schwer etwas abbekommen, soviel war ihm klar, als er nach einem Unfall in die Notaufnahme kam. Doch was war genau passiert? Der Arzt war ziemlich sprachlos. "Knie brochen. Muss gucken", sagte er. Und schwieg.

Das in einer ARD-Sendung geschilderte Beispiel ist kein Einzelfall. Wegen des Ärztemangels arbeiten immer mehr Mediziner aus Osteuropa, Griechenland, aber auch Syrien, Ägypten oder anderen Ländern vor allem in kleineren Kliniken - oft ohne gute Deutschkenntnisse.

Nun schlägt der Verband der Krankenhausdirektoren Alarm. "Der Anteil ausländischer Ärzte auf Assistenzebene ist stark gestiegen", sagt Verbandspräsident Josef Düllings. Mehr als die Hälfte der Mediziner in vielen ost- und westdeutschen Häusern sind aus dem Ausland. "Die fachlichen Kenntnisse sind recht gut, aber oft können die Abläufe in deutschen Krankenhäusern nicht nachvollzogen werden und die sprachlichen Kenntnisse sind nicht ausreichend", sagt Düllings. "Das wird zum Sicherheitsproblem."

"Ein Arzt muss mehr können, als in der Nachtschicht Pizza zu bestellen"

Insgesamt ist die Zahl der gemeldeten ausländischen Ärzte laut Bundesärztekammer vergangenes Jahr um 3039 auf 28.355 gestiegen. Die meisten kommen aus Österreich, dann folgen Griechenland (2224), Rumänien (2105) und Polen (1636). Da wiegt es schwer, dass es an Regeln für die sprachlichen Voraussetzungen hapert.

Die Behörden verlangen zwar in der Regel den Nachweis eines allgemeinsprachlichen Niveaus, bevor sie eine Berufserlaubnis erteilen. Doch mitunter reicht es auch, wenn der Arzt den Behördenmitarbeiter im Gespräch überzeugt. Reicht das für die Ansprüche der Patienten im direkten Kontakt mit ihren Ärzten? Oder gar für das Verfassen von Arztbriefen und Patientenempfehlungen?

"Es gibt inzwischen Krankenhäuser, in denen kaum noch ein Arzt richtig Deutsch spricht", mahnt der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery. Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Rudolf Henke, fordert: "Ein Arzt aus einem Drittland muss mehr können, als in der Nachtschicht Pizza zu bestellen."

"Ende der Marathondienste"

Der Grund des Problems: In Deutschland fehlt es an Ärzten. Rund drei Viertel der Krankenhäuser können Stellen nicht besetzen. 2010 klaffte laut Hochrechnungen eine Lücke von rund 5500 Medizinern, das sind viermal so viele Stellen wie noch 2006. Da liegt es nahe, Ärzte aus dem Ausland anzuwerben. Stimmen die Fach- und Sprachkenntnisse, kommen die medizinischen Einwanderer an begehrteren Häusern in den Städten unter. Landkliniken dagegen müssen Abstriche machen und Mediziner mit Kommunikationsproblemen einstellen. Sonst bleiben die Stellen eben unbesetzt.

Was kann helfen? Die Ärztevertreter fordern neben strikteren Voraussetzungen für ausländische Mediziner vor allem bessere Arbeitsbedingungen, so dass in Deutschland ausgebildete Nachwuchsärzte nach dem Studium auch in ihrem Beruf arbeiten. "Die jungen Ärzte wollen keine Marathondienste mehr schieben", sagt Montgomery. Die betroffenen Kliniken selbst sehen freilich vor allem andere in der Pflicht, wie Verbandspräsident Düllings deutlich macht. Er fordert mehr Medizinstudienplätze, mehr Geld - und mehr Programme von Bund und Ländern für die Integration ausländischer Ärzte.

Auf seiner jüngsten Hauptversammlung forderte der Marburger Bund, dass die Mediziner ihre Deutschkenntnisse per Prüfung nachweisen müssen - und zwar einheitlich in den Bundesländern. Heute kommen Ärzte oft in einen einwöchigen Crashkurs, wenn sie schon längst Dienst am Patienten in einem Krankenhaus leisten. Anbieter wie die Externe Krankenhaus Akademie bieten auch Wochenendmodule an, damit die Mediziner nicht unter der Woche fehlen.

Basil Wegener/dpa/mamk