Belgien fasst die Möglichkeit der aktiven Sterbehilfe für Minderjährige ins Auge. Es gehe dabei jedoch ausschließlich um extreme Fälle, erklärte die regierende Sozialistische Partei.
Belgiens Sozialisten wollen aktive Sterbehilfe auf Minderjährige ausweiten. Medienberichten zufolge sollen Jugendliche und Kinder, die "die Reife und Urteilsfähigkeit besitzen, alle Konsequenzen abzuschätzen", demnach aktive Sterbehilfe in Anspruch nehmen können.

Zusätzlich bedürfe es einer Einverständniserklärung der Eltern, heißt es weiter in dem Gesetzentwurf der Sozialistischen Partei (PS) von Ministerpräsident Elio Di Rupo.

Es gehe dabei ausschließlich um extreme Fälle, erklärte die Partei. Der Vorschlag sieht demnach vor, Sterbehilfe für unter 18-Jährige zu erlauben, wenn drei Bedingungen erfüllt sind: Die Betroffenen besitzen "Urteilsfähigkeit", sind "unheilbar krank" und leiden unter "unstillbaren Schmerzen", wie es in einer Erklärung hieß.

Kein Regierungsvorschlag, Annahme wahrscheinlich

Die flämischen Christdemokraten betonten, dass es sich nicht um einen Regierungsvorschlag handele. Der Entwurf stammt von Senator Philippe Mahoux, der laut belgischen Medien als einer der "Väter" des aktuellen Sterbehilfegesetzes gilt.

Die Annahme der Vorschläge gilt als wahrscheinlich, denn die Sozialisten werden von mehreren Parteien des linken und rechten Spektrums unterstützt.

Aktive Sterbehilfe ist in Belgien seit zehn Jahren unter bestimmten Umständen gestattet. Laut geltendem Gesetz muss der unheilbar kranke Patient im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte den Wunsch zu sterben "freiwillig, überlegt und wiederholt" geäußert haben.

Hoffnung auf Linderung darf nicht bestehen. Zudem muss die Krankheit ein Weiterleben für den Kranken "körperlich oder psychisch unerträglich" machen. Im vergangenen Jahr zählte die nationale Kontrollkommission 1133 Fälle, rund ein Prozent der Todesfälle in Belgien. Die Anzahl der Sterbehilfe-Fälle steigt seit Jahren an.

Hollande will Gesetzentwurf zu Sterbehilfe vorlegen

Derweil plant auch Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande, im kommenden Juni einen Gesetzentwurf zur Sterbehilfe vorzulegen. Das geltende Gesetz von 2005 erfülle "nicht alle berechtigten Anliegen von Menschen mit schweren und unheilbaren Krankheiten", erklärte Hollande laut Onlineberichten in Paris.

Eine von ihm eingesetzte Ethikarbeitsgruppe hatte ihm am Morgen einen entsprechenden Bericht vorgestellt. Der Sozialist Hollande hatte die Ethiker vor fünf Monaten beauftragt, in mehreren öffentlichen Diskussionsrunden die gesellschaftliche Meinung zum Thema Sterbehilfe zu ermitteln.

Bei dem neuen Gesetzentwurf sollen nach Worten Hollandes etwa die Voraussetzungen für eine Anwendung von Patientenverfügungen ermittelt werden. Auch solle definiert werden, unter welchen Bedingungen eine unheilbar kranke Person, die sich bewusst dafür entscheide, bei der Selbsttötung begleitet werden könne.

Zudem müsse überlegt werden, wie das Sterben eines Patienten möglichst würdig gestaltet werden kann, nachdem er oder seine Familie die Entscheidung zum Abbruch der Behandlung getroffen hat.

Wahlkampf mit Zulassung aktiver Sterbehilfe

Hollande war im Wahlkampf unter anderem für eine Zulassung aktiver Sterbehilfe für solche unheilbar Kranken eingetreten, die ausdrücklich die Beendigung ihres Lebens wünschten. Damit zog er Kritik von kirchlicher Seite auf sich.

Laut dem sogenannten Leonetti-Gesetz aus dem Jahr 2005 ist aktive Sterbehilfe in Frankreich strafbar. Ärzte dürfen jedoch die Behandlung unheilbar Kranker abbrechen oder einschränken, wenn der Patient dies wünscht.

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