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© afpDer Screenshot eines Videos, das vermutlich die Entführer bei YouTube hochgeladen haben, zeigt einige der Geiseln
Aus der angekündigten Freilassung der entführten Blauhelmsoldaten ist bislang nichts geworden. Die Argumente der syrischen Entführer klingen aus der Luft gegriffen - für Machthaber Assad ein Vorteil.

Eigentlich hätten die am Mittwoch von syrischen Rebellen entführten 21 Blauhelmsoldaten längst frei sein sollen. Am Freitagmorgen hatten die Rebellen angekündigt, die Philippiner freizulassen und der Obhut des Roten Kreuzes zu übergeben. Das hatte jedenfalls ein Militärsprecher in Manila so angekündigt. Dann aber wurde aus der Freilassung nichts, ein Sprecher der verantwortlichen Märtyrerbrigade von Karmuk sagte gar, zwischen den Parteien werde momentan nicht verhandelt. Ein Ende der Geiselnahme ist also nicht in Sicht.

Die Soldaten der UN-Beobachtermission Undof waren am Mittwoch in der syrischen Provinz Daraa etwa einen Kilometer von den von Israel besetzten Golanhöhen verschleppt worden. Die Entführer sollen einer Splittergruppe der Freien Syrischen Armee angehören. Der Rebellengeneral Hussam al-Din Awak hatte zuvor im arabischen Kanal der BBC eigenmächtig handelnde lokale Kommandeure für die Aktion verantwortlich gemacht. Es handele sich um "einen schweren Fehler". Al-Din Awak versprach, den gefangenen Blauhelmsoldaten werde nichts zustoßen.

Für die Freie Syrische Armee kommt die Geiselnahme zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt: Gerade schien man sich in einigen westlichen Staaten aktiver als bisher bei der Bewaffnung der Rebellen beteiligen zu wollen.

Keine offizielle Reaktion von Assad

Die rund 30 beteiligten Männer der Märtyrerbrigade von Karmuk sollen aus einem palästinensischen Flüchtlingslager in der Nähe von Damaskus stammen. Auf Videoaufzeichnungen, die momentan von Menschenrechtsorganisation untersucht werden, scheinen sie Anfang März einige gefangene Soldaten der syrischen Armee kaltblütig erschossen zu haben.

Die Geiselnehmer hatten als Gegenleistung für die Freilassung ein Ende der Luftangriffe und einen Abzug der Truppen von Präsident Baschir al-Assad aus der Gegend gefordert. Eine offizielle Reaktion aus Damaskus gab es bisher nicht. Allerdings kann es dem bedrängten Assad nur recht sein, wenn die Rebellen sich nun in den Augen der Weltöffentlichkeit ins Unrecht setzen. Denn die Behauptung der Märtyrerbrigade von Karmuk, die UN-Soldaten hätten mit der syrischen Armee und den Zionisten kollaboriert, ist wohl vollkommen aus der Luft gegriffen.

Dennoch behauptet auch die Oppositionsbewegung Nationale Syrische Koalition, die Rebellen hätten Beweise für die Zusammenarbeit von Blauhelmen mit Regierungstruppen. Ein Sprecher war deshalb gegenüber der Nachrichtenagentur dpa auch nicht bereit, die Geiselnahme zu verurteilen. Die Gefangenen würden "wie Gäste behandelt", hieß es. Man habe sich aber in die Verhandlungen über eine Freilassung eingeschaltet und eine Delegation nach Jordanien geschickt, um dort mit Befehlshabern der Freien Syrischen Armee zu verhandeln.

Der Zwischenfall könnte nun nicht nur zeigen, welchen Einfluss die Oppositionsbewegung auf die Freie Syrische Armee ausübt, sondern auch, inwieweit die Armeeführung der Rebellen die diversen Splittergruppen mit ihren unterschiedlichen nationalen und religiösen Motiven unter Kontrolle hat.

Derweil haben sich am Freitag acht Blauhelmsoldaten nach Israel abgesetzt. Sie gehörten der gleichen Einheit an wie ihre entführten Kameraden und fürchteten angesichts der Kämpfe in der Region um ihr Leben. Der Grenzübertritt sei mit der israelischen Armee koordiniert worden, hieß es aus Jerusalem. Die Undof-Soldaten seien dann von israelischen Soldaten und UN-Vertretern an der Grenze in Empfang genommen worden.

Israel ist besorgt

Seit 1974 beobachten die Undof-Soldaten das überwiegend ruhige Grenzgebiet. Die heute dort stationierten 1150 Blauhelme stammen aus Österreich, Indien und den Philippinen. Kroatien zog jüngst wegen Sicherheitsbedenken seine rund 100 Soldaten ab, nachdem bekannt geworden war, dass die Rebellen mit kroatischen Waffen beliefert wurden.

In Jerusalem steigt nun die Besorgnis, dass der Zwischenfall den Anfang vom Ende der UN-Präsenz in der demilitarisierten Zone einläuten könnte. Sollte das Risiko für die stationierten Soldaten zu groß werden, könnte das zu einem allgemeinen Rückzug führen. Zwar werden die mit einem schwachen Mandat und leichten Waffen ausgerüsteten Undof-Soldaten in Israel gern wegen ihrer Machtlosigkeit belächelt, ein Abzug aber könnte fatale Folgen haben, wenn beispielsweise dschihadistische Gruppen in die demilitarisierte Zone einziehen würden.

Erst am 5. März hatte der israelische UN-Botschafter Ron Prosor in einem Schreiben an den Sicherheitsrat gewarnt, die andauernden Kämpfe in der demilitarisierten Zone gefährdeten das Leben israelischer Zivilisten. Man werde der Entwicklung nicht tatenlos zusehen. In der Vergangenheit war mehrfach Artilleriebeschuss auf der israelischen Seite der Grenze eingeschlagen. In mehreren Fällen erwiderte die israelische Armee das Feuer.