Haben Sie sich auch über die jüngsten Steuererhöhungen geärgert? Jedes Jahr packen Tausende von Amerikanern ihre Koffer, geben ihre Pässe zurück und verlegen ihren ständigen Wohnsitz ins Ausland, um Uncle Sam daran zu hindern, ihnen ihr Geld wegzunehmen.
Bild
© Chuck Rausin / Shutterstock
In den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres gaben nach Angaben des amtlichen Mitteilungsorgans der US-Regierung "Federal Register" mehr als 1.100 Amerikaner ihre amerikanische Staatsbürgerschaft auf und zogen ins Ausland. In den vorliegenden Zahlen sind diejenigen Auswanderer noch nicht enthalten, die im letzten Vierteljahr 2012 das Land unter Aufgabe ihrer Staatsbürgerschaft verließen, aber man rechnet damit, dass die endgültige Zahl für 2012 über der von 2011 mit 1.781 Personen liegen wird. Und bereits diese Zahl aus dem Jahr 2011 fiel siebenmal so hoch wie die Anzahl derer aus, die 2008 das Land verlassen und zuvor ihre Pässe zurückgegeben hatten.

Für wohlhabende Amerikaner, die im Ausland leben, ihre amerikanische Staatsbürgerschaft aber behalten wollen, wiegen die Folgen besonders schwer. Verdienen Unverheiratete mehr als 400.000 Dollar jährlich - bei Verheirateten liegt diese Grenze bei 450.000 Dollar - , wird eine Einkommensteuer von 39,6 Prozent fällig - im Vorjahr lag der Steuersatz noch bei 35 Prozent. Verdient jemand aber mehr als eine Million Dollar pro Jahr, werden nach Angaben des "Tax Policy Center" die zu zahlenden Steuern in diesem Jahr um 170.341 Dollar steigen. Daher lassen sich diejenigen, die um ihre Ersparnisse fürchten, bevorzugt in Ländern nieder, die keine oder sehr viel geringere Einkommensteuern erheben. Ein Drittel aller Milliardäre, die die USA verließen und sich anderswo niederließen, zog es in »Steuerparadiese« wie die Schweiz, die Bahamas oder Singapur, heißt es in einer Untersuchung des schwedischen Wirtschaftsforschungsinstituts "Research Institute of Industrial Economics" (IFN) aus dem Jahr 2012.

Amerikaner, die sich zu einer Aufgabe ihrer Staatsbürgerschaft entschließen, müssen einige Nachteile in Kauf nehmen. So verlieren sie etwa den Schutz der USA über die diplomatischen Vertretungen und müssen bei der erneuten Einreise in die USA mit Schwierigkeiten rechnen. Dennoch überwiegen für viele offenbar die Vorteile. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten wie die heute 73-jährige in Amerika geborene Entertainerin Tina Turner und den Facebook-Mitbegründer Eduardo Saverin.

Turner, deren Vermögen mit etwa 200 Mio. Dollar beziffert wird, nahm im Januar dieses Jahres die schweizerische Staatsbürgerschaft an und gab ihre amerikanische Staatsbürgerschaft auf. Der milliardenschwere Saverin besitzt die brasilianische Staatsbürgerschaft und lebt in Singapur. Der Wirtschafts- und Finanznachrichtensender "Bloomberg" schätzt, dass der Facebook-Mitbegründer mit der Aufgabe seiner US-Staatsbürgerschaft mindestens 67 Mio. Dollar sparte.

Aber während vor allem die Reichen und Prominenten den Weg in die Schlagzeilen finden, wenn sie versuchen, dem Zugriff der amerikanischen Steuerbehörde "IRS" auf ihre Finanzen zu entkommen, unterliegen alle Auswanderer der Steuerpflicht gegenüber Amerika und sind gesetzlich verpflichtet, umfassende Steuererklärungen abzugeben. Einige Abgeordnete und Senatoren wollen sogar durchsetzen, dass diese Steuerpflicht auch nach der Aufgabe der Staatsbürgerschaft weiterhin gilt. Im vergangenen Jahr schlugen die Senatoren Charles Schumer und Bob Casey allen Ernstes vor, der Kongress solle ein Gesetz verabschieden, nach dem frühere amerikanische Staatsbürger auch noch Jahre nach ihrer Ausbürgerung zur Zahlung von Steuern verpflichtet sein sollten - darüber hinaus sollte ihnen die Rückkehr in die USA auf immer verwehrt werden.

Aber auch kurzfristig bringt die Aufgabe der amerikanischen Staatsbürgerschaft finanzielle Belastungen mit sich: Von jedem Amerikaner, der seinen Pass zurückgibt, verlangen die USA ein oft saftiges »Abschiedsgeld«. Liegt das eigene Vermögen höher als zwei Millionen Dollar oder liegt entsprechend das Jahreseinkommen über 145.000 Dollar, werden eine Kapitalertragssteuer von 15 Prozent bei mehr als 641.000 Dollar sowie weitere Steuern auf andere Vermögenswerte einschließlich Pensionsrücklagen einkommensabhängig in Höhe von 39,6 Prozent fällig. Als einziges Land der Welt, das Steuern auch von im Ausland lebenden Bürgern erhebt, treiben die USA mit dieser Praxis Tausende ihrer Bürger aus dem Land und zum Verzicht auf ihre Staatsbürgerschaft.

»Wenn es Ihnen relativ egal ist, wo Sie leben, und die Steuerlast überhand nimmt, dann könnte es die richtige Entscheidung sein, das Land zu verlassen und die Staatsbürgerschaft aufzugeben«, erklärte Nigel Green, Vorstandschef der "deVere Group" gegenüber "Yahoo! Finance". »Der direkte Einfluss der Regierungen auf ihre Bevölkerung nimmt immer mehr ab. Die Regierungen müssen zwar die Steuern erhöhen, aber dabei dürfen sie den Bogen nicht überspannen.«