Im Elsass mussten sich einst jungsteinzeitliche Bauern gegen fremde Krieger wehren. Ihr Zorn gegen die Angreifer mündete anscheinend in exzessiver Leichenschändung.

Neolithische Ausgrabungen in Achenheim
© Philippe Lefranc / Inrap
Das Ende der Linearbandkeramik im 5. Jahrtausend v. Chr. war eine unruhige Zeit. Das zeigen beispielsweise mit umlaufenden Gräben und großen Toren gesicherte Befestigungsanlagen, mit denen Ortsansässige versuchten, Eindringlinge abzuwehren. Eine solche Siedlung haben Forscher der französischen Denkmalbehörde Inrap nun im elsässischen Achenheim bei Straßburg ausgegraben - und dabei die Überreste einer grausigen Szene entdeckt.

In einer der zahlreichen Vorratshäuser fanden sie die Skelette von insgesamt sechs Individuen, nämlich von fünf Männern und einem Heranwachsenden. Alle waren dort kreuz und quer übereinandergeworfen. Und alle hatten zahllose Knochenbrüche an den Händen, Armen, Beinen, Füßen, dem Schädel und dem Kiefer. Nach Meinung des Teams um Philippe Lefranc wurden die Toten kurz nach ihrem Ableben mit Steinbeilen übel zugerichtet. Die Forscher sprechen von einem "ritualisierten Kriegerzorn".

Überblick über die Grabstätte
© Philippe Lefranc / Inrap (Ausschnitt)Überblick über die Grabstätte
Das Silo, in das die Toten geworfen wurden, misst etwa zweieinhalb Meter im Durchmesser. Vermutlich war es halb in die Erde eingetieft.
Neben den vollständigen Skeletten entdeckten die Archäologen auch vier linke Arme, die mit den Leichen in den Getreidespeicher geworfen worden waren. Bei dreien handelte es sich um den Oberarmknochen, bei einem weiteren um den halben Oberarm eines Jugendlichen, an dem sich noch Unterarm und Hand befanden.

Einen ähnlichen Fund hatten Ausgräber vor wenigen Jahren in einer zeitgleich bewohnten Siedlung im benachbarten Bergheim gemacht. Die isolierten Arme könnten eine Art Trophäe sein, die dem getöteten Feind abgenommen wurde. Bei den Toten dürfte es sich um einen Trupp von Kriegern gehandelt haben. Dies schließen die Forscher aus der Tatsache, dass nur Männer darunter sind und keine Frauen, Alte oder Kinder.

Erbgutuntersuchungen an den Knochen sollen nun klären, wer hier mit wem kämpfte. Die genetische Abstammung der Toten könnte ihre Zugehörigkeit zu den frühzeitlichen Bevölkerungsgruppen Europas offenbaren.

Nach einer Theorie könnten die Einheimischen mit Kriegern zusammengestoßen sein, erklärt Lefranc, die einer Kultur aus dem Pariser Becken angehörten, welche sich in den nachfolgenden Generationen in der Region durchsetzte und die Linearbandkeramiker verdrängte. Auch in Baden-Württemberg und der Pfalz sind die Zeugnisse dieser gewaltsamen Umbruchsphase gefunden worden, so etwa die des "Massakers von Thalheim". In diesem speziellen Fall jedoch scheinen die Alteingesessenen noch einmal die Oberhand behalten zu haben.
Ein völlig zerstörter Schädel
© Michel Christen / InrapEin völlig zerstörter Schädel
Die Überlebenden der Auseinandersetzung scheinen sich an den Leichnamen der Besiegten wortwörtlich ausgetobt zu haben. Dieser Schädel weist zahllose Brüche auf; vermutlich wurde mit Steinbeilen auf ihn eingeschlagen.