David Paulides
© Fernando CalvoDavid Paulides
Ein investigativer Journalist hat Tausende Vermisstenfälle aus Nordamerika analysiert und dabei einige erstaunliche Gemeinsamkeiten entdeckt.

David Paulides kann als ehemaliger US-Polizeibeamter auf über 20 Jahre Erfahrung als Kriminalbeamter in San Jose zurückblicken und hat seit 2009 rund 2.000 Vermisstenfälle noch einmal genauer analysiert, die ähnliche rätselhafte Eigenschaften aufweisen. Normalerweise werden solche Fälle aus der regionalen Perspektive untersucht, doch Paulides ging einen anderen Weg, um zu sehen, wie alle Teile zu einem großen Puzzle passen. Und er hat in der Tat ein Rätsel entdeckt. „Es hat etwas von den »X-Akten«", sagte Paulides während seiner Rede an der Universität von Toronto am 21. Mai. Bei etwa zwei Prozent der von ihm untersuchten 2.000 Fälle führte er auch persönlich nachträgliche Zeugenbefragungen durch und holte sich ausführlichere Informationen von den zuständigen Ermittlern und den Gerichtsmedizinern. Auch im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetz (FOIA) versuchte er an wichtige Details zu gelangen, doch oft waren die Akten teilweise zensiert worden, bevor man sie ihm aushändigte.

Es stellte fest, dass die Vermissten oft in ganz bestimmten Bereichen aufgefunden wurden, vor allem rund um Gewässer und in Nationalparks. Sofern die Menschen noch am Leben waren, litten sie oft unter Gedächtnisverlust und wenn sie tot waren, war die Todesursache schwer zu bestimmen. Manchmal wurden diese Menschen auch in Gebieten gefunden, die sie eigentlich gar nicht zu Fuß erreicht haben konnten, oder sie wurden an einem Ort gefunden, der schon zuvor bereits ohne Erfolg durchsucht worden war.

Paulides brachte das Beispiel eines kleinen Jungen, dessen Leiche auf einem umgestürzten Baumstamm liegend gefunden wurde. Dieser Baum lag schon Tage vorher dort, als die Suchtrupps die Gegend nach ihm abgesucht hatte - doch befand sich damals kein Leichnam darauf. Auch waren sehr häufig die Menschen in sehr flachen Gewässern ertrunken vorgefunden worden, wo eigentlich wegen der geringen Tiefe keine Gefahr bestand und es auch keinerlei Anzeichen dafür gab, dass sie vorher das Bewusstsein verloren hatten, bevor sie reinfielen. Oft hatten die Vermissten noch kurz vorher mit Freunden in einer Bar zusammengesessen und Tage später werden sie tot aus dem Wasser gefischt. Merkwürdigerweise hatten die Freunde die späteren Opfer jedoch oft nicht aus der Bar gehen sehen oder eine übliche Verabschiedung erhalten. Alle diese Todesfälle als die Folge übermäßigen Alkoholgenusses erklären zu wollen, hält Paulides für falsch und mit den vorliegenden Fakten auch nicht zu begründen.

Paulides hat auch sehr viele solcher seltsamen Todesfälle aus den vergangenen Jahren in England ausfindig machen können. Britische Zeitungen haben darüber spekuliert, dass diese Dutzende von Opfer, meist Männer, die in einem Kanal in Manchester gefunden wurden, das Werk eines Serienmörders gewesen sein könnten, den man den Namen »The Pusher« (Deutsch: Der Schubser) verlieh. Aber Paulides glaubt nicht daran, der Kanal ist sehr flach und es wäre äußerst seltsam, dass diese Männer darin ertrinken könnten. Er glaubt, dass auch hinter dieser Geschichte viel mehr steckt.

In vielen Vermisstenfällen fehlten auch die Kleidung und Schuhe. Spür- und Rettungshunde waren seltsamerweise auch nicht in der Lage gewesen, den Geruch der verschollenen Personen aufzunehmen und zu verfolgen, sagte Paulides. Einige Hundeführer sollen ihm gegenüber ausgesagt haben, dass sich ihre Spürhunde seltsam benommen hatten und nur ein kurzes Stück gelaufen waren, dann hätten sie sich wieder gesetzt. Die Ermittler fanden auch keinerlei Spuren und die Vorfälle oft in Gebieten stattfanden, die keine gefährlichen Tiere beherbergten und die Körper keinerlei Biss- oder Kratzspuren aufwiesen.

Erstaunlicherweise scheinen diese rätselhaften Vermisstenfälle kein Phänomen der Gegenwart und allein auf die Vereinigten Staaten begrenzt zu sein, denn Paulides konnte ermitteln, dass sie auch schon im 19. Jahrhundert dokumentiert worden sind und sie weltweit auftreten. Doch er will nicht spekulieren, was hinter diesen mysteriösen Vermisstenfällen stecken könnte. Er will nur aufzeigen, dass da scheinbar etwas nicht zu stimmen scheint und es sich keineswegs um normale Unfälle mit Todesfolge handelte, weil die Fakten ganz einfach dagegen sprechen.