Grabungsstätte Israel,Grabfund Philister
© Der Standard, Foto: Reuters/Amir Cohe
Neue Funde im Süden Israels könnten viele alte Fragen zu den Philistern beantworten.

Der biblische Philister Goliath aus Gat wird als riesenhafter Mann mit schwerer Bronzerüstung, langer Stoßlanze und prächtigem Helm beschrieben. Ob der Gegner Davids im 12. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung tatsächlich so gekleidet war, ist zumindest zweifelhaft, denn derartige Ausrüstungen kamen eigentlich erst bei den griechischen Hopliten in Mode. Überhaupt ist das Volk der Philister im fruchtbaren Süden des historischen Palästina geheimnisumwittert.

Viele Fragen könnten nun möglicherweise beantwortet werden, denn Archäologen haben im Süden Israels erstmals einen Friedhof der Philister freigelegt. Einige der zahlreichen Fundstücke werden seit Sonntag im archäologischen Rockefeller-Museum in Jerusalem gezeigt.

Die Entdeckung des Philister-Friedhofs in der Hafenstadt Aschkelon bildet die Krönung einer 30 Jahre währenden Grabungskampagne. Denn das sagenumwobene Volk hinterließ zahlreiche bisher unbeantwortete Fragen nach seinem Ursprung und seiner Lebensweise, als seine Kultur vor 2.600 Jahren vom Heer des Babylonier-Königs Nebukadnezar ausgelöscht wurde.

„Dieser Friedhof mit 145 kompletten Skeletten ermöglicht es endlich, die Philister von Angesicht zu Angesicht kennenzulernen", erklärt der US-Archäologe Daniel Master. Er ist Grabungsleiter der privaten Leon-Levy-Expedition, die seit 1985 in Zusammenarbeit mit dem Semitischen Museum der Harvard-Universität in Aschkelon tätig ist. „Wir hoffen, nun nicht nur ihre Bestattungskultur zu verstehen, sondern in den Knochen auch Aufschlüsse darüber zu finden, wie sie lebten, sie quasi wieder zum Leben zu erwecken", sagt Master. Die Skelettfunde werden gegenwärtig DNA-Analysen unterzogen, ihr Radiokarbonalter wird bestimmt. Auch neue Erkenntnisse über die Herkunft des Seefahrervolks erhoffen sich die Forscher.

Die ersten Gräber waren 2013 auf dem Hügel über dem altertümlichen Philisterhafen Aschkelon entdeckt worden, wo in der Blütezeit 13.000 Menschen lebten. Heute liegt die archäologische Stätte in einem grünen Nationalpark an der Mittelmeerküste, der an die moderne Großstadt grenzt. In diesem Sommer wird die Erkundung des Friedhofs beendet, die Grabungsstätte wird wieder verfüllt. Das »Seevolk«, wie die Philister zur Unterscheidung von ihren zeitgenössischen Küstennachbarn, den Kanaanitern, auch genannt wurden, stammte vielleicht ursprünglich aus dem mykenischen Kulturkreis in der Ägäis. Darauf lassen die rot und schwarz verzierten Tonwaren schließen.

„Sicher ist aber bisher nur, dass sie Fremde im semitischen Siedlungsgebiet waren, wo sie von 1200 bis 600 vor unserer Zeitrechnung im Küstengebiet zwischen Gaza und dem heutigen Tel Aviv lebten", erläutert Master. Die Sprache des Händlervolks gehörte zur indoeuropäischen Familie. Die Philister praktizierten keine Beschneidung, sie aßen Schweine- und Hundefleisch, wie Funde aus Gaza, Gat, Aschdod und Ekron belegen, den vier weiteren von ihnen gegründeten Städten. Neben den bisher dürftigen archäologischen Funden gab vor allem das Alte Testament einige Informationen über die Philister. Denn diese waren auch die direkten und zeitweise verfeindeten Nachbarn der im hügeligen Inland lebenden Israeliten.

So wird im Buch Samuel geschildert, wie die Philister die Bundeslade der Israeliten erbeuten. Im Anschluss kam es zum berühmten Duell des riesigen Kriegers Goliath mit dem listigen David, der dank einer Steinschleuder gewann. In einem Feldlabor nahe dem Grabungshügel in Aschkelon erklärt die Anthropologin Sherry Fox, was ihr die Skelette verraten: „An den Zähnen sehe ich, dass sie kein leichtes Leben hatten. Wachstumsstörungen verweisen auf Fieberanfälle oder Mangelernährung in der Kindheit." Die Knochen lassen demnach auf harte körperliche Arbeit schließen, wobei auch „die Zähne als Werkzeuge genutzt wurden, vielleicht beim Weben". Die Skelette weisen im Übrigen auf eine »durchschnittliche Körpergröße« der Philister hin, sagt Fox. Der großwüchsige Goliath scheint also eine Ausnahme gewesen zu sein.