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Hasskommentare, Falschmeldungen und Propaganda bedürfen besonders im Wahljahr der Aufmerksamkeit sowohl öffentlich-rechtlicher Sender als auch des Verbraucherschutzministers
Am Montag startete die ARD die Initiative faktenfinder, um "schneller als die Polizei" über Falschmeldungen aufklären zu können. Die Betreiber setzen auf journalistisches Handwerk statt Gesetze. Der jüngste Gesetzentwurf gegen Hasskommentare erntet unterdessen Kritik. Das Anti-Fake-News-Portal ist eine weitere Initiative, welche im großen Wahljahr journalistisches Handwerk gegen die Verbreitung von Desinformation, Propaganda und Hassattacken mobilisieren möchte.

Nachdem der Bayerische Rundfunk bereits vor einem Monat eine Anti-Fake-News-Einheit gestarte hatte und auch das ZDF mit seinem crossmedialen #ZDFcheck17 helfen will, den Wahrheitsgehalt von Inhalten mittels eines Recherche-Teams zu verifizieren, versteht sich faktenfinder als eine Art Knotenpunkt im ARD-Netzwerk. Auf diese Weise soll das gesamte Phänomen der Falschmeldungen im Blick behalten werden.

Faktenfinder-Projektleiter Patrick Gensing erklärt, die Aufklärung über Fehlinfos sei Aufgabe von Journalisten und Medien, da dieses Problem sich nicht durch Gesetze beheben ließe.

Der jüngste Vorstoß des Bundesministers der Justiz und für Verbraucherschutz, der Problematik von "Hate Speech" und so genannten Fake News in sozialen Netzwerken per Gesetz entgegenzuwirken, wird in der Tat bereits als Angriff auf die Meinungsfreiheit gesehen. Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, welches Heiko Maas kürzlich als Referentenentwurf an die EU schickte, schreibt Plattformbetreibern das Löschen von Inhalten innerhalb einer 24-Stunden-Frist vor, sofern darin "verfassungsfeindliche Verunglimpfungen" oder "landesverräterische Fälschungen" zu erkennen sind. Es drohten Geldbußen von bis zu 50 Millionen Euro, wenn strafrechtswidrige Äußerungen nicht entfernt würden.

Ein offensichtliches Problem dabei ist, dass der Gesetzentwurf sich auf, wie es heißt, offensichtlich rechtswidrige Inhalte bezieht und Rechtswidrigkeit eine oft umstrittene Angelegenheit ist, die in einem Rechtsstaat normalerweise einer juristischen Prüfung unterliegt.

Netzaktivisten, Betreiber wie You Tube, Datenschützer, Bürgerrechtler und Branchenverbände sehen die Gefahr, dass rechtsstaatliche Aufgaben damit auf privatrechtliche Unternehmen oder Einzelinitiativen übertragen werden. Mit derartigen Instrumenten wird eine De-facto-Zensur eingeführt, die eben auch mal berechtigte Stimmen marginalisieren oder gar unterdrücken kann. Die Piratenpartei sieht darin sowie in der Forderung nach Offenlegen der Identität im Internet die freie Meinungsäußerung bedroht.

Auch der Präsident des Verbandes Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), Stephan Holthoff-Pförtner, warnte vor einer "staatlichen Einsetzung privater Meinungspolizei". Insbesondere wegen der immensen Bußgelddrohungen würden Plattformen im Zweifel eher löschen. "Das halte ich für eine große Gefahr", meinte Holthoff-Pförtner und betonte, dass solche Fragen vor Gericht behandelt werden müssen.

Ein ähnlicher umstrittener Entwurf brachte Ursula von der Leyen bereits im Jahr 2009 den Namen "Zensursula" ein, als diese sich für das Zugangserschwerungsgesetz aussprach, welches vorsah, Internetseiten zu sperren und geheime Sperrlisten ohne richterliche Kontrolle vom BKA verwalten zu lassen.

Die Problematik von Überwachungsmaßnahmen, selbsternannten Kontrollinstanzen und Willkür zeigt sich auch im Fall des 2014 gegründeten Unternehmens Correctiv, das seit diesem Jahr als Facebook-Watchdog fungiert. Auch wenn sich dabei gestandene Journalisten für die richtige Wahrheit einsetzen, wirft ein Blick auf die Finanzierung einmal mehr die Frage auf, welchen Instanzen man solch eine Aufgabe überlassen sollte. Jüngst bestätigte der Gründer des Unternehmes, dass mehr als 100.000 Euro von der umstrittenen Open Society Foundation bei Correctiv landeten.