Astronomen haben ein schwarzes Loch mit Rekorddimensionen vermessen: Es ist das gefräßigste und das am schnellsten wachsende seiner Art, das bisher gefunden wurde.
© JPL-Caltech/ NASA
In den Fünfzigerjahren gaben außergewöhnlich helle Objekte im All den Astronomen Rätsel auf. Radioteleskope, die damals einen rasanten technischen Fortschritt durchmachten, hatten sie sichtbar gemacht. Nun fragten sich die Forscher, was sie da eigentlich für ein mächtiges Leuchten wahrnahmen, das mal punktförmig, mal länglich erschien und noch dazu die Helligkeit änderte. Ein Stern war es wohl nicht. Weil kein Name so richtig passte, fiel die Wahl auf "quasi-stellare Radioquelle", QSR. Daraus wurde der Begriff Quasar.
Heute wissen wir, dass das Licht von Quasaren auf der Reise zur Erde Milliarden Lichtjahre im Universum zurücklegt und sie nahe an den Urknall heranreichen. Quasare sind die aktiven Kerne von Galaxien. Ihre Leuchtkraft rührt wohl aus der fast Lichtgeschwindigkeit-schnellen Rotation von Gas und Staub um ein riesiges schwarzes Loch, wenn Gravitationsenergie, Drehimpuls und Reibung die Materie aufheizen.
Nun vermelden Astronomen einen Rekord - sie erspähten das bislang gefräßigste schwarze Loch. Es verleibt sich umgerechnet nahezu eine Sonne pro Tag ein, wie das Team um Christopher Onken von der Australian National University in Canberra im britischen
Fachblatt Monthly Notices of the Royal Astronomical Society berichtet. Mit einer Masse von 34 Milliarden Sonnen ist es demnach eines der schwersten im Universum.
"Die Masse des schwarzen Lochs ist rund 8000 Mal größer als die des schwarzen Lochs im Zentrum unserer Milchstraße", erläutert Onken in einer Mitteilung seiner Universität. "Wenn das schwarze Loch der Milchstraße so fett werden wollte, müsste es zwei Drittel aller Sterne in unserer Galaxie verschlucken."
Das Rekordloch gehört zum Quasar mit der Katalognummer SMSS J2157. Es wurde 2018 entdeckt und ist der bislang leuchtstärkste bekannte Quasar. "Wir sehen ihn zu einer Zeit, als das Universum erst 1,2 Milliarden Jahre alt war, weniger als zehn Prozent seines heutigen Alters", berichtet Onken. Heute ist der Kosmos 13,8 Milliarden Jahre alt.
Wie das gigantische schwarze Loch in so vergleichsweise kurzer Zeit auf eine derart gewaltige Masse anwachsen konnte, ist für die Astronomen rätselhaft. Es ist das am schnellsten wachsende schwarze Loch, das Forscher bislang entdeckt haben. "Bei einem so riesigen schwarzen Loch sind wir auch gespannt, was wir über die Galaxie lernen können, in der es wächst", so Onken. "Ist diese Galaxie einer der Kolosse des jungen Universums, oder hat das schwarze Loch nur ungewöhnlich viel seiner Umgebung verschluckt?" Die Astronomen hoffen nun, ähnliche schwarze Löcher im jungen Universum aufzuspüren, um das Phänomen besser zu verstehen.
Quasare lieferten starke Hinweise darauf, dass im Zentrum von Galaxien riesige schwarze Löcher stecken. Solche supermassereichen schwarzen Löcher, die beim Tod von großen Sternen entstehen, schlucken Materie, die sie immer größer werden lassen. Alles, was ihnen zu nahe kommt, verschwindet in den Massemonstern und kann nie wieder entkommen - so besagt es zumindest Albert Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie.
Seit den Neunzigerjahren entdecken Forscher immer wieder neue schwarze Löcher. Ausgerechnet Sagittarius A*, die Radioquelle in unserer Milchstraße, macht es den Astronomen aber schwer. Dort verstellen dichte Sternenhaufen und Staub das galaktische Zentrum. Außerdem gehört Sagittarius A* zu den
vergleichsweise ruhigen schwarzen Löchern. Längst nicht alle verschlingen so viel Materie wie die hellen Quasare.
Im vergangenen Jahr konnten Forscher mit einem Netzwerk aus Radioteleskopen erstmals ein
Bild vom schwarzen Loch in der Riesengalaxie M87 aufnehmen. Es ist aber sehr viel kleiner als SMSS J2157 und hat eine Größe von 6,6 Milliarden Sonnenmassen.
joe/dpa
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