In deutschen Gärten sind angeblich weniger Amseln zu sehen. Eine Virus-Infektion könnte dazu beitragen. Ein massenhaftes Amsel-Sterben bedeutet das erst einmal nicht.
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© dioxin/photocase.com

Seit zwei Monaten erreichen den Naturschutzbund (Nabu) in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz vermehrt Anfragen besorgter Bürger, wieso die Amseln aus dem Garten verschwunden sind. Schon ist in Boulevard-Medien die Rede von einem rätselhaften "Amsel-Sterben". Naturschützer haben bisher allerdings lediglich sechs tote Tiere dokumentiert.

Eine der Amseln ist durch eine Infektion mit dem Usutu-Virus gestorben. Das haben Virologen des Bernard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg nun herausgefunden.
Das Usutu-Virus

Das Usutu-Virus (USUV) gehört zur Gattung der Arboviren, also Viren, die über Gliederfüßler (Arthropoden) übertragen werden. Sie zählen zur Familie der Flaviviren, zu der auch das Gelbfieber- und das Dengue-Virus gehören. Ihre Hülle enthält Bestandteile der ursprünglichen Wirtszelle, was es dem befallenen Organismus schwerer macht, das Virus als fremd zu erkennen und es zu bekämpfen.

USUV ist eng verwandt mit dem Erreger der Japanischen Encephalitis und dem Westnil-Virus und wird durch Stechmücken übertragen.

Das Virus stammt aus Afrika, galt dort aber als harmlos, weswegen es nicht umfassend untersucht wurde. 2001 und 2002 löste das Virus massives Vogelsterben in Österreich aus, 2006 starben viele Vögel in der Schweiz an dem Virus, 2008 in Ungarn.
Ob dieses Virus auch verantwortlich für das Verschwinden der Amseln aus vielen Gärten ist, wisse man aber noch nicht. "Wir müssen erst mehr Tiere untersuchen, um diesen Zusammenhang herzustellen", sagt Jonas Schmidt-Chanasit, Virologe am Hamburger Tropeninstitut. Auch Stefan Bosch, Vogel-Experte des Nabu, warnt vor voreiligen Schlüssen: "Es ist völlig normal, dass Amseln im August kaum zu sehen und zu hören sind."

Im Juli geht die Brutzeit zu Ende, dadurch nimmt das Revierverhalten ab, die Vögel sind weniger aktiv. Weil sie sich in dieser Jahreszeit außerdem ein neues Federkleid zulegen, leben sie zurückgezogen. Es sei denkbar, dass sich dieses natürliche Phänomen und der Befall mit einem Virus überlagern, sagt Bosch.

Auch von anderen Vogelarten werden gelegentlich Kadaver gefunden. "Aber Amseln scheinen besonders anfällig für das Virus zu sein", sagt Bosch. So haben frühere Usutu-Ausbrüche in anderen Gebieten die Amsel-Populationen am stärksten dezimiert.

Die untersuchte tote Amsel wurde von einer Stechmücke infiziert, die das Virus in sich trug. Bereits 2010 fand die Forschergruppe um Schmidt-Chanasit das Usutu-Virus erstmals in deutschen Stechmücken. In einem Kooperationsprojekt erstellen das BNI und die Kommunale Aktionsstelle zur Bekämpfung der Schnakenplage (KABS) eine Stechmückenkarte von Deutschland, die festhält, wo welche Mücken auftreten.

Das Usutu-Virus kann über einen Mückenstich auch auf den Menschen übertragen werden. In Deutschland ist das bislang aber noch nie vorgekommen. Der erste Fall wurde 2009 in Italien bekannt. Schwere Verläufe wurden nur bei immungeschwächten und älteren Menschen beobachtet.

Eine Therapie gegen das Virus selbst gibt es noch nicht, behandelt werden die Symptome, wie Fieber, Kopfschmerzen und Hautausschläge. "Bei jungen, gesunden Menschen kann die Infektion auch ohne Symptome verlaufen", sagt Schmidt-Chanasit.