In China kostet ein Kilo Schweinefleisch im Großhandel knapp drei Euro. Hinter dieser schlichten Zahl verbirgt sich eines der drängendsten Probleme der Volksrepublik. Die Regierung in Peking steht vor einer großen Herausforderung.

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In Peking schrillen die Alarmglocken. Der Grund: Der Preis für Schweinefleisch in China steigt kräftig, ein Kilo kostet im Großhandel umgerechnet rund drei Euro. Für die kommunistische Führung ist das ein großer Grund zur Sorge: Sie bangt um den sozialen Frieden.

Und was hat das mit Schweinefleisch zu tun? Eine Menge. Schwein ist das am meisten verzehrte Fleisch in China. Und wird es teurer, dann leiden darunter vor allem Ärmere, die den Großteil ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben müssen. Und wer sich kein Fleisch mehr leisten kann, der weicht auf Getreide oder Gemüse aus - die höhere Nachfrage lässt die Preise für diese Produkte spürbar steigen.

Aus Furcht vor Unruhen hat die Regierung bereits im vergangenen Jahr Preiskontrollen eingeführt und das Horten von Lebensmitteln untersagt. Doch das sind eher symbolische Maßnahmen, zumal im Sommer eine Dürre in wichtigen Anbaugebieten das Angebot weiter verknappte.

In China steigen die Preise rasant. Die Teuerungsrate liegt derzeit bei mehr als 6 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit drei Jahren. Das von der Regierung angestrebte Inflationsziel von vier Prozent rückt in weite Ferne. Besonders heikel ist die regelrechte Explosion der Nahrungsmittelpreise, die binnen eines Jahres um 13,4 Prozent stiegen. Schweinefleisch war Mitte September sogar 45 Prozent teurer als vor einem Jahr. Im Verbraucherpreisindex ist es stark gewichtet. Wie stark, sagen Chinas Statistiker nicht. Aber Analysten schätzen, dass Nahrungsmittel zu einem Drittel zum Preisindex beitragen - Schweinefleisch allein zu einem Zehntel. Es ist damit die größte Komponente des Warenkorbs und steht bei der Preisentwicklung in China deshalb unter intensiver Beobachtung.
Typischer Schweinezyklus

Doch warum ist das Fleisch so teuer? Hier gilt zum einen das Prinzip von Angebot und Nachfrage. Der Wohlstand in China steigt. Bei geringem Verdienst bedeutet ein Anstieg, dass mehr Fleisch gegessen wird - die höhere Nachfrage führt zu höheren Preisen.

Zugleich sank in den letzten Jahren das Angebot mehrfach, weil in verschiedenen Regionen des Landes Schweinegrippe ausbrach. Außerdem wird die Mehrzahl der Schweine in China von Kleinbauern gezüchtet. Als im Sommer 2009 die Preise für Schweinefleisch im Keller lagen, schlachteten viele ihre Tiere, da sich eine Aufzucht nicht mehr lohnte. Das rächt sich jetzt, mit einem Mangel an Schweinefleisch. Nun steigt zwar die Nachfrage und damit auch der Preis, doch die Aufzucht neuer Schweine dauert seine Zeit.

Außerdem haben viele Bauern ein Problem: Sie können Schweine zwar teurer verkaufen, zugleich wird aber auch die Aufzucht teurer. Hier spielt der steigende Preis für Mais, mit dem die Schweine hauptsächlich gefüttert werden, eine wichtige Rolle. Im Sommer orderte China in den USA 540 Millionen Tonnen Mais - obwohl China selbst der zweitgrößte Produzent der Welt ist.
Inflationsbekämpfung lässt Preise steigen

Zugleich steigen die Löhne in der Industrie. Damit fällt es den Landarbeitern leichter, mehr Geld für ihre Arbeit einzufordern. Auch das verteuert die Aufzucht von Schweinen.

Der Schweinefleischmangel in China, der die Inflation kräftig antreibt, wird zum Teil auch durch die Kreditbremsen ausgelöst, mit denen die Inflation doch eigentlich bekämpft werden soll. Als Folge sind viele Schlachthöfe nicht flüssig genug, um den Bauern das Fleisch abzukaufen. Auch das trägt zur Knappheit bei. Angesichts des allgemeinen Inflationsdrucks und der Blasenbildung auf verschiedenen Märkten sieht die Notenbank aber keine andere Wahl und verschärft ihre Geldpolitik weiter.

Auf absehbare Zeit werden die Schweinefleischpreise in China weiter hoch bleiben. Preissteigerungen haben in der Volksrepublik schon mehrfach zu sozialen Protesten geführt. Für ein System, dass sich vor allem der Stabilität verpflichtet fühlt, ist das ein Grund zur Sorge.