Vor einer Woche hatte US-Präsident Obama zum Abzug der letzten Soldaten noch von einem "souveränen und stabilen" Irak gesprochen. Doch nun folgen politische Konfrontation und Terror. Bomben treffen von Schiiten, Sunniten und Christen bewohnte Viertel Bagdads.


Bei der schwersten Anschlagsserie im Irak seit Monaten haben Terroristen in der Hauptstadt Bagdad mehr als 60 Menschen getötet. Der Sender al Arabija berichtete am Donnerstag unter Berufung auf Sicherheitskreise von 63 Toten. Die Bomben explodierten am Donnerstag in Stadtvierteln, in denen Schiiten, Sunniten und auch Christen leben. Zudem erlitten 179 Menschen Verletzungen, wie das Gesundheitsministerium mitteilte.

Die Anschläge wurden knapp eine Woche nach dem Abzug der letzten US-Truppen aus dem Land verübt. Ein heftiger Streit in der irakischen Regierung droht zudem, den mühsam ausgehandelten Machtkompromiss zwischen den Religionsgruppen zu kippen.

Zwei Sprengsätze detonierten nach Angaben aus Sicherheitskreisen in der Nähe eines Kinos. Insgesamt sollen mehr als zehn Explosionsorte gezählt worden sein. Augenzeugen berichteten von aufsteigenden Rauchsäulen in mehreren Stadtvierteln. Am 15. August kamen mindestens 60 Menschen bei Anschlägen in acht Provinzen des Landes ums Leben. In Bagdad starben zuletzt am 12. Oktober mindestens 21 Menschen nach Detonationen von Autobomben.

Irak ist "souverän und stabil"

Bei den Terrorakten am Donnerstag explodierten im wohlhabenden Karrada-Viertel in der Bagdader Innenstadt gleichzeitig eine Autobombe und der Sprengstoffgürtel eines Selbstmordattentäters. Die Anschläge wurden in den Stadtvierteln Karrada, Al-Wasirija, Al-Schaab und Al-Alwija verübt. Nach ersten Erkenntnissen richtete sich die Gewalt nicht gezielt gegen eine einzelne Religionsgruppe.

Nach dem Abzug der letzten US-Soldaten aus dem Irak am vergangenen Wochenende war der politische Streit zwischen den Schiiten und Sunniten in der Regierungskoalition eskaliert. Der schiitische Ministerpräsident Nuri al Maliki entließ seinen sunnitischen Stellvertreter Salih al Mutlak. Ein Gericht in Bagdad stellte einen Haftbefehl wegen angeblicher Terroraktivitäten gegen den sunnitischen Vizepräsidenten Tarik al Haschimi aus. Der Politiker floh daraufhin in das von den Kurden kontrollierte Autonomiegebiet im Norden des Irak.

Am vergangenen Sonntag hatten die USA ihren fast neun Jahre dauernden Militäreinsatz im Irak abgeschlossen. US-Präsident Barack Obama begründete den Rückzug auch mit den Worten, die US-Truppen verließen ein Land, das "souverän und stabil" sei.

kave/DPA