Ließ das BKA im Fall der Zwickauer Terrorzelle Beweismittel vernichten? Das Bundeskriminalamt weist entsprechende Anschuldigungen zurück und spricht von "absurden Spekulationen". Die Bundesanwaltschaft stellt indes ein Rechtshilfeersuchen an die zuständigen US-Behörden.
BKA, ZWICKAUER TERRORZELLE
© dapdEine BKA-Mitarbeiterin vor den Ruinen des Hauses der Zwickau Terrorzelle

Das Bundeskriminalamt (BKA) hat den Vorwurf zurückgewiesen, es habe sensible Ermittlungsdaten im Zusammenhang mit der Zwickauer Neonazi-Zelle vernichten lassen. "Das BKA hat Beweismittel weder unterdrückt, noch manipuliert, noch vernichtet", erklärte BKA-Präsident Jörg Ziercke zu einem Bericht der Bild am Sonntag. Er weise die Berichterstattung entschieden zurück. Es handele sich um "absurde Spekulationen". Das BKA schütze weder Neonazis noch Informanten aus der rechten Szene.

Die Bild am Sonntag hatte berichtet, dass Daten aus einem Handy des mutmaßlichen Terror-Unterstützers André E. auf Betreiben des BKA bei der Bundespolizei vernichtet worden seien. Das gehe aus dem Mail-Verkehr zwischen Bundespolizei und BKA hervor. In der Ermittlungsakte zu Andre E. tauchten die Beweismittel nicht auf. Ein Sicherheitsexperte sagte dem Blatt, der Vorgang "riecht nach Beweisunterdrückung durch das BKA". Polizeiexperten halten es dem Bericht zufolge für möglich, dass das BKA Informanten im Umfeld der Neonazi-Zelle schützen wollte.

Das Bundeskriminalamt erklärte dagegen, dass dem BKA die ausgelesenen Handy-Daten weiterhin vollständig und unverändert zur Verfügung stünden. Die Daten wurden demnach dem BKA zur Auswertung übergeben. Danach sei die Bundespolizei um Löschung der dort noch als Kopie vorhandenen Daten gebeten worden, um die Datenbestände an einer Stelle zu konzentrieren. Dies sei in völligem Einvernehmen mit der Bundesanwaltschaft erfolgt.

Zu den fehlenden Angaben in der Ermittlungsakte erklärte das BKA, die Auswertung des Datenbestandes dauere noch an. Daher sei noch kein abschließender Bericht erstellt und in die Ermittlungsakte aufgenommen worden. Die Handy-Sicherstellung sei aber in der Akte vermerkt. Von einer Beweismittelunterdrückung könne keine Rede sein.

Ermittler bitten USA um Hilfe

Die Ermittlungen gegen die Zwickauer Neonazi-Zelle werden indes auf die USA ausgeweitet. Die Bundesanwaltschaft stellte ein Rechtshilfeersuchen an die zuständigen US-Behörden, um Aufschlüsse über die Internetaktivitäten der Terrorgruppe zu erhalten. Ein Sprecher der Karlsruher Behörde bestätigte einen entsprechenden Bericht des Focus, wollte unter Hinweis auf laufende Ermittlungen aber keine Details nennen.

Auslöser für das Rechtshilfeersuchen ist laut Focus eine neunseitige Liste, die in der ausgebrannten Wohnung des Zwickauer Trios gefunden worden sei. Auf dem Papier hätten Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt ihre Mail-Adressen und Internetkonten nebst Zugangsdaten notiert. Teilweise handele es sich um Anmeldungen zu Foren für Computerspiele sowie bei Onlineshops. Besonderes Interesse der Fahnder habe ein Account von Zschäpe bei der Videoplattform YouTube geweckt, heißt es in dem Bericht. Dort soll sie sich mit dem Benutzernamen "Liese1111" angemeldet haben.

Die Ermittler des Bundeskriminalamts (BKA) wollen offenbar überprüfen, welche Filme sich Zschäpe ansah und ob sie eigene Videos ins Internet stellte. In einem internen BKA-Vermerk heißt es laut Focus, mit den YouTube-Daten ließe sich "auf die Ideologie des Nutzers" schließen oder sogar beweisen, dass Zschäpe über Täterwissen verfügte.

Bei den Ermittlungen ist laut Spiegel auch ist ein sächsischer Video- und Computerspiel-Verleih ins Visier der Fahnder gerückt. Zwei Mitarbeiter dieser Firma stünden im Verdacht, Mundlos vor knapp zehn Jahren bei der Beschaffung von Waffen unterstützt zu haben. Der Sprecher der Bundesanwaltschaft bestätigte dpa auf Anfrage: "Auch die Herkunft der Waffen ist Gegenstand der Ermittlungen."

AFP/dpa