Seit mehr als zwei Monaten sind mindestens 1500 Palästinenser in israelischen Gefängnissen im Hungerstreik. Einigen von ihnen befinden sich jetzt in Lebensgefahr - ohne dass deshalb im Westen ein Außenminister auch nur Besorgnis gegenüber der israelischen Regierung ausgedrückt hätte.
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© EPAFamilienangehörige protestieren mit Bildern der Gefangenen am 07. Februar.
Bilal Diab (27) und Thaer Halahla (34) sind am Wochenende in ein Haftkrankenhaus in Tel Aviv gebracht worden. Sie befinden sich seit Anfang März im Hungerstreik und befinden sich mittlerweile offenbar in einem sehr besorgniserregenden Zustand. Berichtet wird unter anderem von starkem Gewichtsverlust und Dehydration. Dass ausländische Ärzte sie aufsuchen, lässt die israelische Regierung nicht zu. Man bequemt sich zwar inzwischen, zu dem Thema Erklärungen abzugeben. Irgendeine Art von Zeitdruck scheint man dabei aber nicht erkennen zu wollen. Jedenfalls hat Israels Oberster Gerichtshof am Donnerstag eine Entscheidung über Anträge der eingangs genannten palästinensischen Häftlinge auf, wie es hieß, »unbestimmte Zeit »vertagt«. Die Tatsache, dass Diab, während man ihm dies im Beisein seines Anwalts mitteilte, das Bewusstsein verlor, konnte die Behörde offenbar nicht zu wenigstens etwas mehr Eile umstimmen.

»Wenigstens« bedeutet, dass es hier um ein Mindestmaß an Rechtsstaatlichkeit ging, um zunächst einmal das Leben des Häftlings zu retten. Ansonsten stürbe er im juristischen Sinne unschuldig hinter Gittern. Denn Diab ist nicht verurteilt. Es hat auch kein Prozess stattgefunden, weil es gar keine Anklage gegeben. »Nur« eine Verhaftung wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in der Gruppierung Islamischer Dschihad und damit potenzieller Terrorgefahr. Das war im bereits im August.

Halahlas Inhaftierung geht bereits auf Juni 2010 zurück. Er, Diab und etwa 1500 weitere palästinensische Gefangene protestieren mit ihrem bei vielen nun schon zwei Monate anhaltenden Hungerstreik gegen die israelische Praxis der sogenannten Administrativhaft; also die zeitlich Einkerkerung ohne Anklage oder Urteil; eine »Strafe«, die in Israel ausschließlich Palästinenser trifft.

Von der Bundesregierung, die sich derzeit im Fall der in der Ukraine ebenfalls hunger᠆streikenden und gesundheitlich gefährdeten Julia Timoschenko stark macht, ist in Sachen ihrer palästinensischen Leidensgenossen nichts zu vernehmen. Dafür zu einer anderen Angelegenheit. Der Hamburger Spiegel meldete gestern, die Bundesregierung wolle die palästinensische Vertretung in Deutschland nun doch nicht diplomatisch aufwerten, wie es Außenminister Guido Westerwelle bei seinem Besuch im Februar in Ramallah geäußert hatte. Offenbar gibt es Vorhaltungen aus Israel, dass dies international als diplomatische Anerkennung verstanden werden könnte, was man nicht wünsche. Das Außenamt wies die Spiegel-Meldung Stunden später als »unzutreffend« zurück, ohne allerdings konkreter zu werden.