Die sozialen Probleme haben in Argentinien eine massive Plünderungswelle in Dutzenden Städten ausgelöst. Radikale Gruppen, Banden und arbeitslose Jugendliche zogen durch die Straßen und räumten fast 300 Läden aus. Drei Menschen kamen dabei ums Leben.
Plünderungen, Argentinien
© ReutersEine geplünderte Tankstelle in einem Vorort der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.
Nach den sozialen Unruhen mit Plünderungen und mehreren Toten blieben viele Geschäfte am Wochenende in Argentinien auf dem Höhepunkt des Weihnachtsgeschäftes geschlossen. Die Sicherheitskräfte hatten die Lage aber wieder unter Kontrolle.

Bei den Unruhen in 40 Städten waren am Donnerstag und Freitag drei Menschen umgekommen und mindestens 63 verletzt worden. Mehr als 700 Menschen wurden festgenommen. Insgesamt wurden 292 Supermärkte und kleinere Läden ausgeplündert. Die argentinische Handelskammer CAME schätzte die Verluste am Sonntag auf 26,5 Millionen Pesos (vier Millionen Euro). Weitere 200 Geschäfte erlitten Schäden.

Vom Armenviertel bis in die Vorstädte

Die Plünderungen hatten am Donnerstag in einem Armenviertel in Bariloche in Patagonien begonnen und sich auf Rosario 300 Kilometer nördlich von Buenos Aires ausgeweitet. Am Freitag wurden dann auch in zahlreichen Vororten der argentinischen Hauptstadt sowie in Posadas und Tucumán im Norden und Viedma und Neuquén im Süden Supermärkte und Geschäfte geplündert. Vor allem Jugendlichen warfen Steine in die Schaufenster und räumten die Läden leer.

Eine Frau verblutete in Rosario, als Glassplitter eines eingeschlagenen Schaufensters sie trafen. Bei den Plünderungen in derselben Stadt erlag ein junger Mann einer Schusswunde. In Tucumán kam ein Mann um, als ein Lastwagen ihn überfuhr, um Plünderern zu entkommen.

Die Regierung beschuldigte den von Hugo Moyano angeführten oppositionellen Gewerkschaftsverband CGT, die Unruhen angestiftet zu haben. Moyano wies die Anschuldigungen zurück und machte die Regierung der Präsidentin Cristina Kirchner verantwortlich, weil sie die sozialen Probleme des Landes nicht löse.

Miserable Lebensbedingungen

Ein Gemenge von radikalisierten Gruppierungen, Verbrecherbanden und spontanen Ausdrücken sozialer Unmut sei für die Ausschreitungen verantwortlich, erklärte der Politologe Rosendo Fraga in der Zeitung Clarín. Die strukturelle Armut mit 900 000 Jugendlichen, die weder arbeiteten noch studierten, stehe im Hintergrund der Plünderungswelle, erklärte der ehemalige Vizeminister für Soziale Entwicklung Daniel Arroyo. Es gehe nicht so sehr um Hunger, sondern um miserable Lebensbedingungen und die Verschuldung vieler Haushalte, die mit der zweistelligen Inflation die Übersicht über ihre Ausgaben verloren hätten. Vor genau elf Jahren hatten in Argentinien mit Plünderungen soziale Unruhen begonnen, die schließlich zum Rücktritt des damaligen Präsidenten Fernando De la Rúa führten.

dn/dpa