Zwei Luftangriffe in zwei Tagen auf Waffenlager und Nachschublinien zur Hisbollah. Offenbar wollte Iran der libanesischen Terrororganisation Raketen liefern. Syrien droht jetzt mit Vergeltung.
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© APNach israelischen Angriffen auf Ziele in und um Damaskus sind Feuer und Rauch über der nächtlichen Hauptstadt zu sehen. Syrien spricht von einer "israelischen Kriegserklärung"
Israel scheint sich immer intensiver in den syrischen Bürgerkrieg einzuschalten. Auch ein zweiter Luftangriff israelischer Kampfflugzeuge innerhalb 48 Stunden auf Ziele in der Umgebung von Damaskus wurde am Sonntag in Israel und Syrien bestätigt. Getroffen wurden demnach ein iranischer Raketentransport an die libanesische Schiitenmiliz Hisbollah, aber auch Waffenlager der Hisbollah in Syrien. Es ist bereits der dritte Luftangriff dieser Art seit Jahresbeginn. Am Abend meldeten israelische Medien, dass der Luftraum über Nordisrael und der Stadt Haifa für Zivilflüge geschlossen wurde.

Diese umfangreichsten militärischen Aktionen Israels in Syrien seit dem Jom-Kippur-Krieg finden in einer sich zuspitzenden Lage statt. Weltweit verstärkt sich der Ruf nach internationaler Einmischung in die syrischen Kämpfe, die immer stärker genozidalen Charakter annehmen. Syrien und Iran beschuldigten am Sonntag Israel, offen "die islamistischen Terroristen" in den Reihen der Opposition zu unterstützen. Die syrische Seite sprach von einer "Kriegserklärung" und drohte mit Vergeltung.

Israelische Sprecher betonten, die Angriffe auf Ziele in und bei Damaskus dienten einzig und allein dazu, eine direkte Bedrohung Israels durch die Aufrüstung der Hisbollah mit chemischen Waffen und Raketen mit größerer Reichweite zu verhindern. Auch israelische Quellen bestätigten inoffiziell den in Syrien gemeldeten Angriff auf ein "wissenschaftliches Forschungszentrum der syrischen Armee" in Dschamraya bei Damaskus. Genau hier setzten israelische Kampfflugzeuge schon am 30. Januar 2013 einen Raketentransport an die Hisbollah außer Gefecht. In dem Zentrum werden nach westlicher Einschätzung Gas- und Giftsprengköpfe hergestellt.


Kommentar: Das ist eine unbestätigte Vermutung, dass Syrien irgendwelche Waffen dieser Art besitzt, sondern dient Rechtfertigung.


Iranische Zivilmaschine getroffen

In der Nacht zum Freitag wurde auf dem Flughafen von Damaskus auch eine dort parkende iranische Zivilmaschine getroffen. Laut Angaben der syrischen Opposition hatte sie treffgenaue Fatach-110-Raketen an Bord. Zusätzlich wurden Waffenlager, Kraftstoffdepots und militärische Landebahnen zerstört. Treffer die von der syrischen Regierung bestätigt, jedoch auf Artilleriebeschuss zurückgeführt wurden. Was Experten bezweifeln. Die Ziele hätten zu weit auseinander gelegen, die Treffer seien zu genau gewesen. Augenzeugen berichteten auch von Überschallknalls über Damaskus.

Solche Angriffe müssen nicht durch direkten Anflug der Kampfjets auf das Zielgebiet stattfinden. Die Piloten können auch aus großer Entfernung durch den Abschuss von Raketen Treffer erzielen. Dafür sprechen Meldungen der libanesischen Armee vom Freitag, die 16 israelische Kampfflugzeuge im libanesischen Luftraum zählte.

Attacken fanden offenbar US-Zustimmung

Aus dieser Entfernung können sie Luftaufklärung zu Vorgängen innerhalb Syriens betreiben, Raketen abfeuern oder auch Präsenz zeigen, die als Warnsignal an Syrien zu verstehen wäre. Beobachter betonen dabei, dass die ersten Pressemeldungen zum Angriff am Freitagmorgen weder aus Syrien noch aus Israel, sondern aus Washington einliefen.

Für die Medien ein klares Signal, dass die Attacken mit amerikanischer Zustimmung stattfanden. US-Präsident Barack Obama nahm in einem Interview am Samstag keine direkte Stellung zu den Angriffen vom Freitag, blieb aber trotzdem deutlich: "Die Israelis sind berechtigt, sich vor Lieferungen fortschrittlicher Waffensysteme an Terrororganisationen wie Hisbollah zu schützen."

Syrien denkt an Gegenschlag

In Syrien hielten die Medien am Sonntag eine offizielle Kriegserklärung gegen Israel für möglich. Ein Regierungssprecher wertete die Angriffe jedenfalls als israelische Kriegserklärung. "Wir behalten uns das Recht auf Gegenschlag vor. Zu einem Zeitpunkt, den wir bestimmen können." Beim jetzigen Zustand der syrischen Armee ist ein offener Krieg mit Israel mehr als unrealistisch.

Israel verlegte aber zwei Luftabwehrstellungen vom Typ Iron Dome in den Landesnorden. Syrische Vergeltungsschläge gegen Israel könnten letztlich eine offene westliche Unterstützung der oppositionellen syrischen Kräfte einleiten. Ein Schritt, den die US-Regierung bislang vermied.

Israels Angriffe wandten sich bislang gegen Ziele auf syrischen Boden, trafen aber Einrichtungen mit klaren Verbindungen zum Iran. In den Depots am Flughafen lagerten aus dem Iran gelieferte Raketensysteme, oder mit iranischer Hilfe in Syrien weiter entwickelte Versionen der russischen Scud. In Händen der Hisbollah hätten sie fast ganz Israel bedroht. "Der Abschreckungsvorsprung Israels würde so dramatisch vermindert", erklärte am Sonntag der Ex-Geheimdienstchef Schabetai Schawit im Radiosender Kol Israel.

Assads Pläne mit den Lieferungen

Teheran versuche, mit diesen Lieferungen die Folgen eines drohenden Sturzes ihres Verbündeten Baschar al-Assad abzuschwächen, so Schawit. Assad könne sich durch die Lieferungen von Raketen, die im Kampf gegen die oppositionellen Kräfte nur zweitrangig sind, der mit ihm verbündeten Hisbollah erkenntlich zeigen. Der Raketenexperte Usi Rubin: "Sollte sein Regime wider Erwarten in Syrien, zumindest aber im alawitischen Nordwesten bestehen bleiben, hätte er dann weiter Zugriff auf die Raketenbestände seiner Verbündeten."

Die syrische wie die iranische Regierung betonen, dass die Angriffe von Israel ausgingen. "Damit tritt Israel offen für die terroristischen Kräfte ein, die gegen Syrien kämpfen", hieß es in einer offiziellen Stellungnahme am Sonntag in Teheran. Auch die syrischen Staatsmedien beschuldigen die Opposition der Kollaboration mit Israel. Über 300 verletzte Soldaten wurden laut Staatsfernsehen nach dem Angriff in Krankenhäuser eingeliefert.

Auch die Opposition verurteilt den Angriff

Doch auch ein Sprecher des oppositionellen Kräfte verurteilte "jede Verletzung der syrischen Oberhoheit" durch ausländische Kräfte. Er wies aber gleichzeitig darauf hin, dass die vernichteten Waffen sich "letztlich auch gegen das syrische Volk" hätten richten können. General Salim Idris, der zurzeit die aufständische Freie Syrische Armee befehligt, soll sich in letzter Zeit verstärkt um eine Ausschaltung der etwa 3000 salafistischen Dschabhat-al-Nusra-Kämpfer in den Reihen der oppositionellen Kräfte bemühen, die sich zur internationalen Terrororganisation al-Qaida bekannt haben. Vor allem ihre Präsenz verhinderte bislang wirksame westliche Unterstützung an die Opposition.

Noch sieht niemand in Israel die bisherigen Angriffe in Syrien als Unterstützung der syrischen Opposition. In den sich häufenden Grenzgeplänkeln auf den Golan-Höhen beschoss die israelische Armee auch oppositionelle Stellungen, wenn deren Aktionen israelisch kontrolliertes Gebiet gefährdeten. Doch schloss die israelische Zeitung Haaretz einen Kurswechsel nicht aus: "Es ist durchaus möglich, dass Israel seine Einsätze im syrischen Luftraum so ausweitet, dass sie zu einem Schutzschirm für die Aufständischen werden können."

Syrische Opposition könnte Problem werden

Israelischen Medien halten es auch für möglich, dass dies nicht nur als unvermeidliche Folge, sondern durchaus auf US-Initiative hin geschehen könnte. "Eine Lösung, die den USA wie den arabischen Nachbarn und der Türkei passend käme, die nicht bereit sind, ohne internationale Rückendeckung in Syrien einzugreifen."

Eine Entwicklung, die auch in Israel so umstritten ist wie in den Nato-Staaten. Für Israel könnte sich die unklare Ausrichtung der Opposition mit ihren islamistischen Helfern langfristig zu einer noch größeren Gefahr auswachsen als der berechenbare Assad. Israelische Einmischung würde auch der Hisbollah und der iranischen Regierung einen Vorwand für ihre weitere Unterstützung des Assad-Regimes liefern. Ein Dank der oppositionellen Kräfte in Syrien für israelische Hilfe wäre dagegen äußerst ungewiss.