Er kam, tobte und hinterließ etliche Schäden und viele Tote. Der Orkan "Christian" wütete über Europa. Besonders hart traf es Norddeutschland. Teilweise wurde hier der Bahnverkehr komplett eingestellt. Einige Ausläufer machten sich auch in Berlin bemerkbar.

Der erste heftige Herbststurm des Jahres hat am Montag im Nordwesten Europas gewütet. Dabei wurden mehrere Menschen getötet. Die Zahl der Unwettertoten stieg hierzulande seit Sonntag auf mindestens sieben. Europaweit sind es mindestens 14 Tote. Der Schaden ist nicht abzusehen. Das Sturmtief „Christian“ bewegte sich von Großbritannien über Frankreich und die Benelux-Staaten in Richtung Osten nach Skandinavien. Heftige Ausläufer waren auch in Berlin zu spüren. So wurden in Tegel und am Wannsee Böen mit Geschwindigkeiten von 94 km/h gemessen. Das entspricht den Windstärken 9 bis 10.

In Nordrhein-Westfalen fiel auf einer Verbindungsstraße zwischen Essen und Gelsenkirchen ein entwurzelter Baum auf ein fahrendes Auto, der 39-jähriger Fahrer und ein im Auto sitzendes Kind wurden getötet, zwei weitere Kinder wurden verletzt.

Auch auf einer Landstraße im niedersächsischen Kreis Friesland stürzte ein entwurzelter Baum auf ein Auto. Die Fahrerin starb noch an der Unglücksstelle.
Nördlich der Linie Dortmund-Hannover-Berlin fuhren am Abend kaum noch Züge, wie ein Bahnsprecher sagte. Schon am Nachmittag waren die Verbindungen von Berlin nach Hamburg und Hannover sowie Regionalstrecken im Norden Belins zeitweise unterbrochen. Einige Züge mussten unterwegs stundenlang stehen bleiben. Auch in Nordrhein-Westfalen gab es zahlreiche Ausfälle und Verspätungen im Fern- und Regionalverkehr.

An der Nordsee wurden unter anderem auf Sylt und auf anderen Inseln Windgeschwindigkeiten von 150 km/h gemessen. Auf Helgoland waren es sogar 180 km/h, wie Heiko Wiese, Meteorologe der Wetteragentur MeteoGroup mitteilte. Überall in Norddeutschland waren Feuerwehren unterwegs.

Auch an der Ostsee stürmte es, allerdings nicht ganz so stark. Der Deutsche Wetterdienst hatte für Schleswig-Holstein, Bremen, Teile Niedersachsens und einige Regionen in Nordrhein-Westfalen eine Unwetterwarnung herausgegeben. Berlin kam hingegen glimpflich davon. Bis zum späten Abend musste die Feuerwehr zwar einige umgestürzte Bäume beseitigen und viele abgerissene Äste von den Straßen holen. Die Beamten richteten umgerissene Bauzäune und Plakatwände wieder auf, aber die Zahl der sturmbedingten Einsätze hielt sich in Grenzen, wie es hieß.

Am stärksten betroffen waren neben Deutschland auch Großbritannien, Frankreich und die Niederlande. In Großbritannien kamen mindestens vier Menschen ums Leben, die Behörden Frankreichs und der Niederlanden meldeten jeweils ein Todesopfer. In den Niederlanden wurde eine Frau von einem umstürzenden Baum getötet. In Hever im Südosten Englands kam nach Polizeiangaben ein 17-jähriges Mädchen ums Leben, als ein Baum auf ihren Wohnwagen stürzte. In Watford nördlich von London wurde ein Mann in seinem Auto ebenfalls von einem umstürzenden Baum erschlagen. An der Küste in Sussex wurde wegen des Unwetters die Suche nach einem 14-jährigen Jungen eingestellt, der am Sonntag von den Wellen ins Meer gerissen worden war.

Auf der Isle of Wight an der britischen Südküste wurden Sturmböen von fast 160 km/h gemessen. Stundenlanger heftiger Regen führte vielerorts zu Überschwemmungen. Zwischen London und dem Süden und Westen Englands fuhren am Morgen keine Züge, am Flughafen London-Heathrow wurden 130 Flüge gestrichen. Von den Häfen in Dover und Calais in Frankreich legten mehrere Stunden lang keine Fähren mehr ab. Zwei Fähren mit über 450 Menschen an Bord hingen mehr als zwei Stunden lang vor der englischen Küste fest, nachdem der Hafen von Dover geschlossen worden war. Auch beim Schnellzug Eurostar, der unter dem Ärmelkanal verkehrt, gab es Verspätungen. Hunderte Bäume und Stromleitungen wurden umgerissen, zwischenzeitlich waren in Großbritannien 270 000 Haushalte ohne Strom. Das Atomkraftwerk Dungeness B wurde vorsorglich abgeschaltet.

Auch im Nordwesten Frankreichs wütete das Orkantief „Christian“. Auf der Insel Belle-Île in der Bretagne wurde eine Suchaktion gestartet, nachdem eine Frau von den Wellen ins Meer gerissen wurde. Am Cap Gris-Nez am Ärmelkanal wurden Windgeschwindigkeiten von bis zu 147 km/h gemessen. 65 000 Haushalte waren am Morgen ohne Strom.

mit AFP