Die Larven des Tabakschwärmers machen sich das in ihrer Lieblingswirtspflanze enthaltene Nikoton zunutze und schrecken damit Fressfeinde ab© Public DomainSchon in Lewis Carrolls ALice im Wunderland finden wir die Wasserpfeife rauchende Raupe mit schillerndem Charakter...
Es soll Beziehungen geben, die scheiterten, weil einer der beiden Partner Raucher war und auch entsprechend würzigere Küsse gab. Raupen des Tabakschwärmers nützen eine ähnliche Form des Mundgeruchs als Überlebenstrick. Ein Teil des Nikotins aus den gefressenen Tabakblättern gelangt in das Insektenblut und wird über kleine Öffnungen in der Haut gleichsam ausgeatmet, berichten Biologen vom Max-Planck-Institut für chemische Ökologie in Jena im Fachblatt
PNAS. Und das schützt sie davor, von Wolfsspinnen gefressen zu werden. Raupen auf nikotinfreien Tabakpflanzen hingegen fräßen die Spinnen durchaus, ebenso solche, bei denen das Gen für ein bestimmtes Verdauungsenzym ausgeschaltet wurde.
© pavan kumarEine Tabakschwärmer-Raupe frisst sich an einer Tabakpflanze der Spezies Nicotiana attenuata satt. Mit der Nahrung nimmt die Schmetterlingslarve auch Nikotin auf, das sie vor der Wolfsspinnen Camptocosa parallela (unten) schützt.
Das Team um Ian Thomas Baldwin erforscht seit Jahren die Raupen des Tabakschwärmers (
Manduca sexta). Der Schmetterling kommt in Nord- und Südamerika vor und ernährt sich vor allem von Tabakpflanzen. Den Forschern fiel auf, dass nachts besonders viele Raupen vertilgt wurden, wenn diese auf mittels Gentechnik nikotinfrei gemachten Tabakpflanzen saßen. Wolfsspinnen der Art
Camptocosa parallela hatten sie gefressen.
Bei einer aufwendigen Untersuchung fanden die Forscher nun den Grund dafür heraus: Normalerweise fressen die Tabakschwärmer-Raupen Blätter von Tabakpflanzen, die reichlich Nikotin enthalten. In den Zellen des Mitteldarms wird dann ein Gen mit der Bezeichnung CYP6B46 angeschaltet. Daraufhin wird ein bestimmtes Protein hergestellt, das wie ein Verdauungsenzym wirkt: Cytochrom P450 6B46.
Nikotin im "Blut"Dieses Protein sorgt dafür, dass etwa 0,65 Prozent des verdauten Nikotins vom Mitteldarm in die sogenannte Hämolymphe abgegeben wird. Die Hämolymphe ist die Körperflüssigkeit bei wirbellosen Tieren, die keinen geschlossenen Blutkreislauf haben. Über fein verzweigte Kanäle der Haut wird das Nikotin dann gewissermaßen ausgeatmet.
In einem Experiment wurde dieser Fressschutz-Mechanismus nochmals überprüft: Einige Raupen wurden auf speziell präparierten Tabakpflanzen ausgesetzt, die zwar Nikotin enthielten, aber dafür sorgten, dass in den Raupen das Gen CYP6B46 stillgelegt wird. Daraufhin wurde deutlich weniger Nikotin in die Hämolymphe übertragen. "Deswegen stoßen CYP6B46-stillgelegte Larven weniger Nikotin aus und werden leichte Beute für Spinnen", schreiben die Forscher. 25 von 50 solchen Larven überlebten die Nacht nicht - während 40 von 50 Larven auf normalen Tabakpflanzen die Nacht überstanden.
© pavan kumarWolfsspinne
(APA/red)Abstract
PNAS:
Natural history-driven, plant-mediated RNAi-based study reveals CYP6B46's role in a nicotine-mediated antipredator herbivore defense
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