„Die Polizei dein Freund und Helfer.“ Ein Slogan der aus den 70er Jahren stammt und die Beziehungen zwischen Polizei und Bürgern verbessern sollten. Doch wurde dieser Spruch ironisch verwendet und hat bis Heute die gegenteilige Bedeutung. Oftmals ist es schon reinster Zynismus, wenn man sieht wie unsere „Freunde und Helfer“, bestechlich sind, prügeln, foltern - ja sogar Morde begehen. Auch hier bei uns, allerdings weniger, obgleich jeder Fall einer zu viel ist. Doch in den USA ist die Polizeibrutalität so schlimm, dass es die Menschen nicht weiter tolerieren. Vor allem die Afroamerikaner, als Hauptopfer, fordern Gerechtigkeit und ein Ende der überwiegend rassistisch bedingten Gewalt.
Polizist erschießt Flüchtenden in North Charleston
© YoutubePolizist erschießt Flüchtenden in North Charleston.
Ein Video, am letzten Samstag gefilmt und erst am Dienstag publik gemacht, empört die Bevölkerung in den USA und auch den Rest der Welt. Es zeigt einen 50-jährigen Afroamerikaner, der beim weglaufen von einem Polizisten mit 8 Schüssen in den Rücken niedergestreckt wird. Danach fordert der Polizist das regungslos daliegende Opfer auf, die Hände auf den Rücken zu legen. Danach legt er dem stark blutendem, im Sterben liegenden Opfer tatsächlich noch Handschellen an. Mit Bekanntgabe der Videoaufzeichnung wurde der Bericht der beiden Polizisten als glatte Lüge entlarvt.

Der Vorfall nimmt seinen Anfang bei einer Verkehrskontrolle, bei der das spätere Opfer wegen Problemen mit dem Licht, seines Fahrzeugs angehalten wurde. Über den genauen Grund seines Weglaufens kann nur spekuliert werden. Tatsache ist, dass keine aggressive Bewegung zu sehen ist die auf den - im offiziellen Bericht erwähnten - Versuch hinweist, dem Polizeibeamten den Taser zu entreißen. Es ist aber eindeutig, dass der Mann in den Rücken geschossen wurde, die 8 Schüsse hintereinander erfolgten und selbst nachdem das schwerverletzte Opfer bereits am Boden lag, zeigte der Polizist keinerlei Besorgnis für das Leben des Mannes, den er gerade niedergestreckt hatte.


Für den Bruder des Opfers ist klar, dass nicht alle Polizisten schlecht sind. Die schwarzen Schafe kommen mit ihren Untaten oft ungeschoren davon. „Was wäre, wenn wir kein Video hätten? Wenn dieser junge Mann sich nicht dafür entschieden hätte die Kamera drauf zu halten oder wenn er dieses Video nicht veröffentlicht hätte? Er hatte aber diesen Mut. Er ist ein Held. Dem Herrn sei Dank!“ Keith Summey, von der Stadt North Charleston und von deren 100.000 Einwohnern um die 47 Prozent Afroamerikaner sind, äußerte sich dazu mit einem laxem: „Wenn man sich irrt, dann irrt man sich. Wenn du eine falsche Entscheidung triffst, dann ist es egal ob du Beamter bist oder (ein anonymer) Bürger. Du musst dazu stehen!“

So haben wir wieder einmal einen Videobeweis von einem kaltblütigem Mord an einem Farbigen, durch jemanden der geschworen hat, dass Gesetz zu vertreten und die Bürger zu schützen. Die Fälle häufen sich, und immer öfter hält jemand mit der Kamera drauf und sorgt dadurch für einen Aufschrei in der Zivilgesellschaft. Allein im März starben 111 Personen in den USA durch die Hand von Polizisten. Nicht nur in den Vereinigten Staaten empören sich die Menschen bei Bildern, die Polizeiwillkür, Rassismus und einfach nur unangemessene Gewaltanwendung zeigen. Doch wenn es richtig ist, dass im Rest der Welt die USA durch solche Vorfälle immer mehr als Unrechtsstaat gilt, der schwere Probleme mit Vorurteilen, Rassismus und einem extremen Sozialgefälle hat, so ist es auch wahr, dass die Menschen in den USA, insbesondere die sozial schwachen und eher liberalen US-Bürger, ein Ende dieses Unrechtssystems fordern.

Schon seit Wochen und Monaten kommt es in den USA zu Protesten. Die Polizeigewalt mit tödlichem Ausgang, die durch die steigende Aufmerksamkeit und immer mehr Handykameras immer öfter gefilmt und öffentlich gemacht wird treibt die Menschen auf die Straße. Da der Fokus hierbei auf den Polizeimorden an Afroamerikanern liegt und diese tatsächlich - vor allem im Süden der USA - die Mehrheit der Polizeigewalt einen klaren rassistischen Hintergrund haben, werden die Proteste zu Antirassismus immer mehr. Die staatlichen Schulen sind extrem unterfinanziert und erschweren dadurch den Kindern der Armen die Möglichkeiten auf eine höhere Bildung und dadurch auf einen besser bezahlten Beruf. Die Afroamerikaner haben daher selten die Möglichkeit aus ihrer Realität auszubrechen und stellt daher den Großteil der sozial schwachen, schlecht gebildeten Bevölkerung, die in den Südstaaten die Mehrheit der Bevölkerung ausmacht.

Die Vorurteile, die Afroamerikaner, Mexikaner und andere Latinos, mit der extrem hohen und vor allem gewalttätigen Kriminalität in Verbindung bringt, ist zwar durchaus nachvollziehbar, da die Gangkultur in der Jugend ganzer Stadtviertel tief verwurzelt ist, doch sollte gerade die Polizei nicht pauschal urteilen. Doch sind die Polizisten meist Weiße, Konservative, die aus einer verarmten Mittelschicht stammen und deren Familien schon immer im Polizeidienst waren. Oft haben sie erlebt, wie der Vater, der Onkel oder Kollegen und Freunde, durch Gangmitglieder erschossen oder schwer verletzt wurden. Die Erziehung hat oft einen rassistischen Einfluss und die tägliche Arbeit vertieft diese Vorurteile. Es gibt noch viele andere Probleme bei der US-Polizei, wie die Korruption oder der Alkoholismus, die andererseits die Vorurteile der protestierenden Bürger vom „Bad-Cop“ vertiefen.

Es bietet sich dem Außenstehendem ein Bild einer tief gespaltenen Gesellschaft, mit schweren Problemen, die auf sozialem Ungleichgewicht basieren und auf Vorurteilen, die die Menschen in Schubladen stecken, in die viele nicht gehören und die eigentlich gar nicht existieren sollten. Ein Land mit einer dermaßen gespaltenen Gesellschaft und einer veralteten Justiz und einer dysfunktionalen Polizei kann nicht erwarten, dass sie von irgendjemand als Weltpolizei akzeptiert oder gar ernst genommen wird.