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© Terran Orbital
Immer mehr Maschinen werden ans Internet angeschlossen. Ein US-Unternehmen will dafür neue Datenverbindungen ermöglichen, die selbst bei Katastrophen und Anschlägen noch funktionieren.

Anthony Previte ist CEO der Weltraumfirma Terran Orbital. Das neueste Projekt seines Unternehmens wurde inspiriert von einer Begegnung mit einer Krankenschwester im Chaos nach den Anschlägen vom 11. September 2011, nur einen Block von Ground Zero entfernt. Die Schwester rannte dort durch die Straßen, um neuen Treibstoff für den Generator im nahegelegenen Krankenhaus zu besorgen - weil die meisten Handybatterien schon leer telefoniert waren und das Festnetz nicht funktionierte, konnte sie nur zu Fuß für Nachschub sorgen.

Previte brachte das auf die Idee, dass wichtige Gerätschaften wie eben Generatoren immer in der Lage sein sollten, zu kommunizieren, selbst bei Katastrophen. Heute arbeitet er daran, genau das möglich zu machen: Mit Nanosatelliten in verschiedenen Konstellationen will er günstige, ausfallsichere Datenverbindungen für kleine, batteriebetriebene Sensoren bereitstellen.

Laut Previte wird das System viele zivile und kommerzielle Anwendungen möglich machen und bei Naturkatastrophen oder Terror-Angriffen Leben retten. "Wenn jeder Generator mit einem Sensor ausgestattet ist, der Daten an einen Satelliten sendet, dann kann die verantwortliche Stelle - die Regierung, der Katastrophenschutz, das Militär - intelligent darüber entscheiden, wohin Brennstoff transportiert werden sollte", erklärt er.

Immer mehr kommerzielle und industrielle Technik wird für ein effektiveres Management mit Datennetzen verbunden und bildet so das Internet der Dinge. Die ausfallsicheren Verbindungen von Terran könnten dieses Konzept zuverlässiger machen.

Heute verfügbare Internetverbindungen über Satellit richten sich meist an Menschen, nicht an Maschinen, und sie sind teuer. Sie arbeiten mit in geostationären Umlaufbahnen kreisenden Satelliten ungefähr 36.000 Kilometer über dem Äquator, so dass für das Senden und Empfangen von Signalen von der Erde viel Energie benötigt wird.

Terran dagegen verwendet kleine Satelliten, die in nur 600 Kilometern Höhe kreisen. Dadurch könnten laut Previte auch wenig stromhungrige, möglicherweise sogar wegwerfbare Sensoren eine Datenverbindung über Satellit nutzen.

Der Schwerpunkt dabei liegt weniger auf Schnelligkeit als auf Zuverlässigkeit. Die U.S. Army will Terran-Sensoren nutzen, um Fahrzeuge und Truppen zu beobachten, die pro Sekunde nur einige Dutzend Kilobyte verschicken. Für die Zukunft plant Previte mit stärker stromsparenden Sensoren, die nur auf ein Zehntel dieser Datenrate kommen.

Helfen soll das System nicht nur beim Katastrophen-Management oder beim Tracking von Containern, Flugzeugen oder Booten: Die Sensoren könnten auch für Umweltbeobachtung eingesetzt werden. Beispielsweise ließen sie sich von einem Hubschrauber oder einer Drohne aus auf austretendes Öl oder einen aktiven Vulkan abwerfen. Terran rechnet auch mit großem Interesse von Landwirten, die Sensoren auf Feldern oder sogar an ihren Kühen anbringen könnten.

In der Massenproduktion würden solche Sensoren nach Schätzung von Previte ungefähr 80 Dollar pro Stück kosten; für Kunden käme noch eine Abo-Gebühr für die Datenverbindung hinzu. Außerdem soll auch der Kauf von eigenen Satelliten zur alleinigen Nutzung möglich sein. "Früher hätte so etwas 400 Millionen Dollar gekostet", sagt Previte. Terran werde Satelliten für niedrige Millionen-Beträge anbieten.

Das Unternehmen hat nach eigenen Angaben neben der Army auch schon kommerzielle Kunden, die allerdings nicht öffentlich genannt werden wollen. Die Vorbereitung eines Netzes aus Nanosatelliten dauere 18 bis 36 Monate, und die Unternehmen wollten ihre Konkurrenten damit überraschen, erklärt Previte. Was Terran verrät: 2014 habe man beim Start von neun Satelliten mitgewirkt, in diesem Jahr bislang bei zehn Starts. Außerdem seien 2015 sechs kleine Satelliten komplett in Eigenregie produziert worden.

Jordi Puig-Suari, Chief Science Officer von Terran, ist einer der beiden Erfinder von CubeSat, einem allgemeinen Bauplan für Minisatelliten, die meist ein Volumen von nur einem Liter haben. Während traditionelle Satelliten meist speziell für sie entwickelte Elektronik benötigen, lassen sich CubeSats mit normalen Elektronik-Komponenten ausrüsten. Weitere Kostensenkungen ergeben sich dadurch, dass sie oft noch in Raketen passen, die zur Beförderung größerer Satelliten oder Raumschiffe ins All starten.

Kerri Cahoy, Assistant Professor für Luft- und Raumfahrt am MIT, bezeichnet das Modell von Terran als besonders: Es unterscheide sich deutlich von den meisten anderen Satelliten-Anbietern.

Die Entstehung von kleineren, billigeren Technologien hat in den letzten Jahren viele Unternehmen dazu gebracht, sich mit neuen Einsatzmöglichkeiten für Satelliten in einer niedrigen Erdumlaufbahn (Low Earth Orbit - LEO) zu beschäftigen. Viele von ihnen konzentrieren sich auf die Lieferung von Fotos oder Infrarot-Aufnahmen der Erde. Laut Cahoy dürften sich LEO-Satelliten aber tatsächlich auch für ein kostengünstiges Kommunikationsnetz eignen. "Das ist bestimmt besser, als zu versuchen, eine große Zahl von am Boden verteilten Sensoren irgendwie mit einem kabelbasierten Netz zu verbinden", sagt sie. Zudem könne man mit Satelliten relativ leicht große Flächen abdecken, während Mobilfunk- oder WLAN-Netze dafür eine große Zahl an Basisstationen benötigen würden.