POTSDAM - Partout will einem der Name des Nachbarn nicht in den Sinn kommen, das passende Wort nicht über die Lippen gehen. Es sind Kleinigkeiten, die zunächst nicht weiter schlimm sind, freilich ein wenig unangenehm. Manchmal wird es schlimmer. Dann wird der Rasierschaum auf die Zahnbürste gestreift oder der Weg nach Hause nicht mehr gefunden.

Es sind die Symptome der Demenz: Gedächtnislücken, Wortfindungsstörungen und der Verlust der eigenen Fähigkeiten. 1,2 Millionen Menschen in Deutschland leiden daran, rund 60 Prozent davon an der Unterform Alzheimer. Der Lebemann und Fotograf Gunter Sachs wollte sich dem entziehen. Nach der Diagnose Alzheimer nahm sich der 78-Jährige Anfang Mai das Leben.

„Es ist die Angst vor dem geistigen Verlust, die Angst, nicht mehr ein vollwertiger Mensch zu sein“, sagt Brigitta Neumann, Referentin der Alzheimer-Gesellschaft Brandenburg. Sachs Tod habe das Thema in den Fokus der Medien gerückt. „Wir erleben es aber andauernd“, berichtet Neumann. Jeder zweite Deutsche fürchtet sich vor der Erkrankung, wie eine Studie der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) ergab. Nur vor Krebs ist die Furcht größer - drei Viertel der Deutschen haben diese Sorge.

Alzheimer macht sich nicht von heute auf morgen bemerkbar. Die Krankheit entwickelt sich schleichend, es handelt sich um eine fortschreitende degenerative Erkrankung, bei der es zum Untergang von Gehirnzellen kommt. „Und wenn Nervenzellen kaputt gehen, dann hinterlassen sie eine Lücke“, erklärt Hans Gutzmann, Leiter der Psychatrischen Klinik des Krankenhaus Hedwigshöhe in Berlin. Bis zu 20 Prozent büßt der Denkapparat an Größe ein, wird dann von tiefen Furchen gezeichnet. „Das Gehirn sieht dann aus wie eine trockene Walnuss“, beschreibt es der Mediziner.

Zunächst trifft es den Hippocampus - den Teil des Gehirns, in dem auch das Gedächtnis angesiedelt ist. Von da aus breitet es sich weiter aus. Sowohl in der Hirnrinde als auch in den tieferen Strukturen sterben Nervenzellen und damit Informationsleitungen ab. Einher geht eine verminderte Ausschüttung von Transmittern - dem Überträgerstoff Acetylcholin. Dieser Stoff dient eigentlich dem Informationsaustausch im Gehirn. Ein Mangel verursacht Gedächtnisverlust.


Kommentar: Nikotin ahmt Acetylcholin nach. In den letzten Jahren wurden immer wieder Berichte veröffentlicht, dass Nikotin den Prozess von Alzheimer verlangsamt, aber es kamen auch Widersprüche auf. Oftmals dadurch, dass Rauchen mit Krebs in Verbindung gebracht wird. Schädlich beim Rauchen und höchstwahrscheinlich verantwortlich für Krebs sind vor allem die Zusatzstoffe, die dem Tabak beigesetzt werden.

Typisch für die Alzheimer Krankheit sind zudem Ablagerungen krankhafter Eiweißstrukturen. „Diese Anhäufungen siedeln sich zwischen den Nervenzellen an“, erklärt Gutzmann. Plaques, die falsch gefaltete Peptide sind und veränderte Eiweißbruchstücke, die sogenannten Tangels, sind die Namen dieser Ablagerungen.

Bekannt sind diese Strukturen bereits seit 105 Jahren. Entdeckt und gezeichnet hat sie der Psychiater und Neuropathologe Alois Alzheimer. Dennoch beschäftigen die Forschung bis heute noch viele Fragen. Eine Impfstudie vor einigen Jahren zeigte etwa, dass Antikörper zwar Plaques mindern können, Alzheimer-Symptome aber bleiben. „Das heißt, dass es auch einen anderen Störfaktor geben muss“, so Gutzmann. Auch die Frage, wie genau die Krankheit ausgelöst wird, ist noch nicht geklärt.

Gewiss ist: „Im hohen Alter steigt das Risiko dramatisch an“, so Hasso Klimitz, stellvertretender Leiter der Psychatrischen Klinik des Ernst-von-Bergmann-Klinikums Potsdam. Bei Menschen über 90 liege das Risiko der Erkrankung bei 30 Prozent. Bei 65-Jährigen liegt es laut Studien bei knapp zwei Prozent. Diagnostiziert werden kann Alzheimer mit neuropsychologischen und radiologischen Untersuchungen. Eine Heilungschance existiert dagegen nicht. „Es gibt keine wirksame Therapie dagegen“, sagt Klimitz. „Die Behandlung kann nur den Verlauf beeinflussen.“ Wichtigster Faktor im Umgang mit der Krankheit ist deshalb, dass Betroffene und Angehörige sich in die Situation einfügen. „Man muss einen Alltag gestalten, in dem die Verluste der eigenen Fähigkeiten aufgefangen werden“, so Neumann.


Kommentar: Neuere Forschungen indizieren, dass die therapeutische Einnahme von Kokosnussöl sowohl vorbeugend gegen Alzheimer wirken, als auch den Prozess der Gehirnzerstörung rückgängig machen. Für weitere Details lesen Sie Alzheimer und Kokosnussöl .

In Brandenburg gibt es derzeit rund 36 000 Demenz-Patienten, in drei Jahren rechnet man bereits mit 43 000 Betroffenen - damit muss auch das Betreuungs- und Therapieangebot wachsen, so Neumann. Vor allem, um dadurch betroffene Familien zu unterstützen. Der Großteil der Erkrankten wird nämlich im Kreis der Angehörigen betreut. „Soziale Kontakte sind unheimlich wichtig“, so die Referentin der Alzheimer-Gesellschaft. Deshalb sollten sich Bekannte und Verwandte nicht zurückziehen. Das brauche Mut und Verständnis.

Um der Krankheit richtig zu begegnen, empfiehlt Neumann, Beratungsangebote zu nutzen. Damit lasse sich vieles leichter anpacken. „Auch mit Demenz hat man viel Humor und kann lachen. Aber man muss lernen, mit der Krankheit umzugehen.“