Arme Bevölkerungsschichten werden in Hannover nur unzureichend medizinisch versorgt. Das geht aus einer Langzeit-Studie hervor, die die Ärztekammer am Mittwoch in Hannover vorgestellt hat. Demnach wurden innerhalb von zehn Jahren rund 16.000 Behandlungsfälle von sozial Bedürftigen ausgewertet. Immer mehr Menschen könnten sich Praxisgebühr und Zuzahlungen nicht leisten und seien daher auf kostenlose Hilfsangebote angewiesen, so die Vorsitzende des Ärztekammerbezirks Hannover, Cornelia Goesmann.

"Praxisgebühr für arme Menschen abschaffen"

In Hannover wurden 1999 unter anderem am Hauptbahnhof kostenlose ärztliche Sprechstunden eingerichtet, die eigentlich für Obdachlose gedacht war. Mittlerweile leben aber 60 Prozent dieser Patienten in eigenen Wohnungen, 30 Prozent in Heimen für Wohnungslose und nur noch 6 Prozent auf der Straße. Kamen früher Patienten vor allem wegen Hauterkrankungen und Verletzungen, müssen die Ärzte in der kostenlosen Sprechstunde nun vor allem psychische Erkrankungen oder Suchtprobleme behandeln. "Hannover ist ein Drehkreuz geworden auf der Ost-West-Achse", sagte Goesmann am Mittwoch. "Hier stranden unheimlich viele Menschen. Ein Großteil ist nicht versichert, nicht medizinisch versorgt." Sie forderte die Politik auf, die Praxisgebühr abzuschaffen und Heilmittel sowie Medikamente generell kostenlos an arme Menschen abzugeben.