Es klingt wie die Handlung eines Hollywood-Films, aber es gibt tatsächlich einen Parasiten, der in das Gehirn seines Wirtes eindringen kann und anschließend die Kontrolle über sein Verhalten übernimmt.
Toxoplasmosa gondii
Toxoplasma gondii heißt der Parasit, der zwischen Katzen und Nagern pendelt und dafür sorgt, dass beispielsweise Ratten ihre Angst vor den Stubentigern verlieren. Er vermehrt sich im Darm der Katze und wird später in ihrem Kot ausgeschieden, was für Nager beliebtes Futter darstellt. Da der Parasit aber wieder in den Darm der Katze zurück und dadurch seinen Kreislauf erhalten will,
manipuliert er das Verhalten des Wirtes, damit er von ihr gefressen wird. Normalerweise löst der Geruch von Katzenurin bei Ratten höchste Alarmstufe aus und warnt sie vor ihrem größten natürlichen Feind. Selbst Labortiere, die nie dieser Gefahr ausgesetzt waren, reagieren bei diesem Duft instinktiv. Doch einmal vom
Toxoplasma gondii befallen, sorgt der Parasit nicht nur dafür, dass die Ratten diese Angst verlieren, sie werden sogar plötzlich von dem Geruch wie magisch angezogen.
Dieser Parasit dürfte unsere primitiven Vorfahren ebenfalls befallen und sie den damaligen Großkatzen zur leichten Beute gemacht haben. Selbst heute noch stellt
Toxoplasma gondii für unsere Cousins, den Schimpansen, eine große Gefahr dar und lassen jährlich rund 30 Prozent von ihnen den Raubkatzen zum Opfer fallen. Forscher haben in Experimenten an 33 Schimpansen in Gabun nachweisen können, dass sie bei Geruchproben von Menschen, Tigern, Löwen und Leoparden sich nur von dem Letzteren angelockt fühlten. Der Duft von uns Menschen und jener Raubkatzen, die es bei ihnen nicht gibt, blieb von ihnen unbeachtet. Wie die Wissenschaftler im Fachblatt
Current Biology in ihrer Studie erklären,
hatte der Parasit in ihrem Gehirn sie zu diesem Duft geleitet.
Und kann dieser Parasit auch für uns Menschen zu einer Gefahr werden und uns beeinflussen?
Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass alle Hauskatzen mit Toxoplasma gondii infiziert sind und die Ansteckung des Menschen erfolgt durch einen engen Kontakt zu Katzen oder wenn man mit ihrem Kot in Berührung kommt. Eine Studie aus dem Jahre 2013 von Wissenschaftlern der Karlsuniversität in Prag ergab, dass dieser Protozoon bereits
rund 30% der Menschen infiziert hat und gar nicht so harmlos ist, wie bisher angenommen wurde.
Mit ihm infizierte Männer sind deutlich eifersüchtiger, misstrauischer, introvertierter, risiko-bereiter und nicht mehr fähig, sich unterzuordnen. Frauen hingegen reagieren exakt konträr, sie werden freundlicher, sozialer, meiden Konflikte und ordnen sich viel leichter unter. Professor Flegr kam zu dem Schluss, dass der Parasit mittels kleiner Zysten
die Persönlichkeit der Menschen zu verändern scheint, denn diese wiesen alle Infizierten in ihrem Gehirn auf.
Und in 2015 konnten Forscher der US-Universitäten von Iowa und Florida nicht nur die frühere Studie bestätigen, sie kamen bei eigenen Untersuchungen zu dem Ergebnis,
das mit dem Parasiten infizierte Kinder sogar dümmer zu werden scheinen. Das Lesen und Schreiben erlernen sie nur mit viel größeren Schwierigkeiten und Ihre Schul- und Gedächtnisleistungen sind viel schlechter (
wir berichteten).
Kommentar: Eine Infektion mit dem Toxoplasmose-Parasit steht sogar damit in Verbindung, Schizophrenie und bipolare Störungen auszulösen.
Die Erkenntnisse einer Manipulation durch Fremdorganismen sind nicht überraschend: Selbst die Bakterien unserer Darmflora beeinflussen unser Verhalten, und bewegen uns bspw. dazu, immer wieder etwas zu essen, das für uns sehr ungesund, für diese aber bevorzugte Nahrung ist (z.B. Zucker). In diesem Zusammenhang stimmt es natürlich nachdenklich, wie viel von unseren Gewohnheiten tatsächlich selbstbestimmt sind und was wir dagegen tun können - ganz besonders, weil ein Befall mit Parasiten verschiedenster Art sehr verbreitet zu sein scheint - und diese Parasiten beeinflussen nicht nur, was wir essen, sondern auch wie wir uns fühlen und wie wir uns verhalten.