Immer mehr Menschen müssen aufgrund von Kurzsichtigkeit eine Brille oder Kontaktlinsen tragen. Experten warnen vor einer massiven Zunahme der Betroffenen und rechnen damit, dass in 35 Jahren jeder Zweite kurzsichtig sein wird. Um die Fehlsichtigkeit frühzeitig behandeln und dadurch starke Einschränkungen im Sehen verhindern zu können, seien vor allem regelmäßige Untersuchungen notwendig.
Augenuntersuchung
© Robert Przybysz – fotoliaAugenuntersuchung: Die Hälfte aller Deutschen hat Probleme beim Sehen.
Immer mehr unter 30-jährige brauchen eine Brille

Mehr als 40 Millionen Menschen tragen laut der „Brillenstudie 2014“ des Instituts für Demoskopie Allensbach hierzulande eine Brille. Das entspricht fast zwei Dritteln aller Erwachsenen, wobei sich der Anteil unter den 20 bis 29-Jährigen in den letzten 60 Jahren sogar mehr als verdoppelt hat. Auch Kontaktlinsen kommen demnach immer häufiger zum Einsatz. In vielen Fällen ist eine Kurzsichtigkeit der Grund für die Sehhilfe, denn bei dieser fällt das Sehen in die Ferne schwer. Während nahe Objekte ohne Probleme erkannt werden, sehen Kurzsichtige weiter entfernte Gegenstände undeutlich und verschwommen.

Eine Milliarde soll 2050 nahezu blind sein

Betrachtet man die globale Entwicklung dieser Form von Fehlsichtigkeit, zeigt sich ein massiver Anstieg der Betroffenen im Verlauf der letzten Jahre. Während im Jahr 2000 noch knapp 23 Prozent der Weltbevölkerung kurzsichtig waren (1,4 Milliarden Menschen), stieg der Anteil zehn Jahre später bereits auf 28,3 Prozent (1,9 Millionen). Und das scheint erst der Anfang zu sein, denn wie eine neue Studie zeigt, ist damit zu rechnen, dass in 35 Jahren jeder zweite Mensch weltweit kurzsichtig ist. Eine Milliarde könne demnach im Jahr 2050 sogar nahezu erblindet sein, berichten die Studienautoren vom Brien Holden Vision Institut, der Universität in New South Wales Australia und vom Eye Research Institute in Singapur im Fachmagazin Ophtalmology.

Gründe für die weltweit steigende Anzahl an Menschen mit Sehschwäche seien den Autoren nach sowohl Umweltfaktoren als auch einschneidende Veränderungen der Lebensumstände. Denn es werde immer weniger Zeit im Freien verbracht, stattdessen würden immer mehr „Nah-Aktivitäten“ stattfinden wie z.B. das stundenlange Arbeiten am Bildschirm. Auch eine genetische Veranlagung scheine eine Rolle zu spielen, könne aber die zeitlichen Trends nicht erklären, ergänzen die Wissenschaftler in ihrem Fachartikel.

Junge Menschen in Ost-Asien am stärksten betroffen

Die Forscher hatten für ihre Studie insgesamt 145 Studien seit 1995 untersucht und dabei die Daten für einzelne Länder mit Prognosen der UN zur Bevölkerungsentwicklung hochgerechnet. Es zeigte sich, dass der Anteil an Kurzsichtigen am stärksten bei jungen Menschen in Ostasien steigt, wo die Prävalenz der Myopie mehr als zwei Mal höher sei als bei Gleichaltrigen in anderen Teilen der Welt. Hier könnte eine mögliche Ursache in den so genannten „Hochdruck-Bildungssystemen“ in Ländern wie Singapur, Korea, Taiwan und China liegen, durch welche schon sehr junge Kinder in einem erhöhten Maße elektronische Geräte „vor der Nase“ haben.

Kinder sollten ein Mal jährlich untersucht werden

Um die Sehkraft der Kinder zu schützen, müsse den Forschern nach vor allem eine entsprechende medizinische Versorgung gewährleistet sein. „Wir müssen auch sicherstellen, dass unsere Kinder regelmäßigen Augenuntersuchungen unterzogen werden, vorzugsweise jährlich, sodass im Falle einer Gefährdung präventive Maßnahmen ergriffen werden können”, betont Studienautor Professor Kovin Naidoo, vom Brien Holden Vision Institute in einer Mitteilung.

Diese Maßnahmen würden dem Experten zufolge insbesondere umfangreichere Aktivitäten an der frischen Luft und eine reduzierte Zeit mit elektronischen Geräten wie Handys oder Tablets beinhalten, welche nah vor dem Gesicht gehalten werden und dadurch die Augen stark beanspruchen. „Darüber hinaus gibt es andere Optionen, wie spezielle Brillengläser, Kontaktlinsen und medikamentöse Interventionen, doch es sind höhere Investitionen in die Forschung notwendig, um hier die Wirksamkeit und den Zugang zu verbessern“, ergänzt Professor Kovin Naidoo.

(nr)