Nizza (Frankreich) - Die Suche nach dem erst Mitte Januar mathematisch nachgewiesenen - bislang jedoch noch immer nicht direkt beobachteten und damit bewiesenen - weiteren großen Felsplaneten im Sonnensystem, nimmt immer konkretere Züge an. Anhand bislang unerklärlicher minimaler Kursabweichung der NASA-Saturnsonde „Cassini“ sind französische Astronomen dem hypothetischen Planeten dicht auf den Fersen.
Planet Nine, Planet X, Planet Neun
© Caltech/R. Hurt (IPAC) Künstlerische Interpretation des mutmaßlich neuen, neunten Planeten. Die Forscher vermuten, dass es sich um einen Planeten handelt, der Uranus und Neptun gleichen könnte (Illu.).
Wie das Team um Agnès Fienga vom Côte d’Azur Observatory berichtet, müsste der von Konstantin Batygin und Mike Brown beschriebene Planet (...GreWi berichtete) mit seiner etwa 10-fachen Masse der Erde nicht nur an den großen Eiskörpern im Kuiper-Gürtel zerren, aufgrund deren gemeinsamer Bahnabweichungen die Wissenschaftler auf die Existenz von „Planet Nine“ (P9) schließen, sondern auch ganz leicht an den anderen Planeten im Sonnensystem, deren Monden und sogar an Sonden, die das Sonnensystem erkunden.

Mit einem eigens schon vor Jahren entwickelten und seither ständig verbesserten theoretischen Modell, mit dem die französischen Astronomen minimale Kursabweichungen der Cassini-Sonde untersuchen, haben sie nun überprüft, ob die Existenz des von Brown und Baygin beschriebenen Planeten auch diese erklären könnte. Tatsächlich können die bislang acht bekannten Planeten des Sonnensystems, samt 200 bekannter Großasteroiden, Zwergplaneten und fünf der bislang bekannten großen Objekte im Kuiper-Gürtel die Abweichungen der Sonde nicht ausreichend erklären.

Die um den auf verschiedenen Positionen seines hypothetisch beschriebenen Orbits platzierten „Planet Nine“ aktualisierte Version dieses Modells schließt nicht nur die bisherige Lücke zur Erklärung des Cassini-Kurses (...GreWi berichtete), sondern ist auf dieser Grundlage sogar auch erstmals in der Lage, die wahrscheinlichste aktuelle Position des mathematisch vorhergesagten Planeten relativ genau zu umschreiben.

Demnach befände sich P9 derzeit rund 600 Astronomische Einheiten (AE/AU = Abstand Erde-Sonne), also rund 90 Milliarden Kilometer von der Erde entfernt im Sternbild Cetus (Walfisch; s. Abb.l.).

Wie „Space.com“ berichtet, sei dies jedoch nicht die einzige gute Neuigkeit zur Suche nach „Planet Nine“. Sollten die Berechnungen der französischen Astronomen tatsächlich stimmen, so könnte der Planet derzeit von der „Dark Energy Survey“ (DES), einer Durchmusterung des südlichen Hemisphäre mit dem Cerro Tololo Inter-American Observatory in Chile entdeckt werden, mit der eigentlich die Beschleunigung der Ausdehnung des Universums untersucht werden soll. Tatsächlich hat genau dieses Projekt bereits einige jener Kuiper-Gürtel-Objekte (KBO) entdeckt, anhand derer Umlaufbahnen auf die Existenz des neunten Planeten geschlossen wurde.

Auch Greg Laughlin vom Lick Observatory zeigt sich angesichts der aktuellen Studie und der Möglichkeit, den Planeten nun mit der DES zu finden, gegenüber Space.com fasziniert: „Obwohl sich 600 AE, was etwa dem 15-fachen der Entfernung von Pluto entspricht, ziemlich viel klingt, so könnte der Planet theoretisch aber auch 1.200 AE von uns entfernt sein. Stattdessen würde uns es die beschriebenen Position doppelt so einfach machen, ihn zu entdecken und damit auch doppelt so schnell. Der Planet wäre damit nicht nur doppelt sondern 16 mal heller als auf seiner entferntesten Position.“

Die Suche nach Planet Nine ist in vollem Gange

Wie Space.com ebenfalls berichtet, ist die DES jedoch nicht die einzige Möglichkeit, „Planet Nine“ zu suchen und möglicherweise auch zu finden. Nicholas Cowan, ein Exoplanet-Astronom von der kanadischen McGill University hat vorgeschlagen, den Planeten anhand seiner eigenen inneren Wärmeabstrahlung in bereits erstellten Daten von Untersuchungen des kosmischen Mikrowellenhintergrundes (CMB) und damit den angeblichen Nachglühens des Urknalls zu suchen. Entsprechende Beobachtungen seien bereits früher dazu verwendet worden, um anhand der großen Gasplaneten die Instrumente dieser Durchmusterungen zu kalibrieren. Deshalb könne man sicher sein, dass die Instrumente auch empfindlich genug wären, um auch P9 zu finden.

Währenddessen sind andere Astronomen bereits dabei, Daten bisheriger Beobachtungen unterschiedlicher Projekte und Instrumente nach Hinweisen auf „Planet Nine“ zu durchsuchen.

Zugleich schlagen die „Entdecker“ des Planeten, Batygin und Brown, eine gezielt gerichtete, eigene Suche nach ihrem Planeten vor. Schon jetzt haben die beiden Wissenschaftler zahlreiche Himmelskarten durchsucht, um die aktuelle Position des Planeten möglichst weit einzugrenzen. Um den Planeten in den verbleibenden möglichen Teilstrecken seiner errechneten Umlaufbahn zu suchen, haben Brown und Batygin jetzt 20 Beobachtungsnächte mit dem Subaru Telescope auf dem Mauna Kea beantragt, berichtete Space.com abschließend.

Sollte dieser vergleichsweise ungewöhnlich lang bemessenen Anfrage entsprochen werden, könnte der noch unentdeckte Planet „schon innerhalb eines Jahres gefunden werden“, so Brown.