Unhörbar, unsichtbar - mit Ultraschall das Handy steuern. Eine gute Idee? Die Branche rüstet auf. Unser Schallraum wird immer mehr verpestet, meint dagegen ein Lärmexperte, und fordert Ultraschallschutz für empfindliche Menschen.
Handystrahlung
Wo wir gerade bei Neuheiten sind: Könnte gut sein, dass wir unsere Smartphones noch immer unterschätzen. Im Guten wie im Schlechten. Das Gute zuerst, etwas für die Gadget-Gerüchteküche. Laut dem gewöhnlich gutunterrichteten Technolgy Review arbeiten Computertechniker daran, neue Anwendungen auf Ultraschallbasis zu entwickeln. Unhörbarer Schall zur Steuerung von Kopfhörern zum Beispiel. Kommt ein Anruf, nimmt man einfach die Ohrstöpsel raus, und die eingebauten Ultraschallsensoren sorgen dafür, dass die Musik pausiert.

Was es dazu braucht, Lautsprecher und Mikrofon, ist längst eingebaut. Ultraschall, so liest man, könnte das dritte Auge des Handynutzers werden, mit Ultraschall kann man spielend signalisieren, messen, warnen - aber womöglich auch stören, quälen und verletzen? Womit wir schnell beim bösen Teil angekommen wären. Denn etwas verspätet, aber zum Warnen noch rechtzeitig genug, hat uns mit den Proceedings A der Royal Society die Arbeit eines englischen Akustikforschers aus Southampton erreicht. Timothy Leighton stellt die Frage, die schon den Walschutz lange beschäftigt, aber nun umso dringender nach Aufklärung verlangt:

Werden Menschen von der zunehmenden, ja massenhaften Exposition mit Ultraschallwellen in der Umwelt krank? Wohlgemerkt: Es geht nicht um einzelne Ultraschallgeräte, um Apparate, die Wasser reinigen oder Schädlinge abschrecken, oder Triebwerke, die schon in den vierziger Jahren in den Verdacht gerieten, eine „Ultraschallkrankheit“ auszulösen. Nein, es geht nicht um Schallschmutz am Arbeitsplatz, sondern um den Ultraschall, der uns unmerklich rund um die Uhr berieselt - aus Lautsprechern und durch automatische Türöffner und, ja, wohl auch zunehmend aus den Smartphones.

Leighton also fragt sich, ob ungeklärte Kopfschmerzen, prickelnde Finger, Übelkeit, Müdigkeit, Migräne oder gar Tinnitus insbesondere bei den überdurchschnittlich sensiblen Minderjährigen vom unsichtbaren, niederschwelligen Malträtieren unserer sensiblen Drucksensoren im Ohr jenseits der üblichen Hörschwelle von 20 Kilohertz herrühren. Leighton hält die veralteten „Ultraschall-Arbeitsrichtlinien“ jedenfalls nicht nur für überholt, sondern für unsere aktuelle Ultraschallumwelt für komplett unmaßgeblich. Wie gesagt, er fragt, er warnt, und er regt an. Dass er sich seine empirische Evidenz dazu in einer öffentlichen Bibliothek, einem Schwimmbad, Bahnhof und einem Sportstadion ausgerechnet mit den ultraschallsensiblen Mikrofonen seines iPhone5 beschafft hat, spricht nicht gegen seine These. Am ehesten noch für die großen Ultraschallpläne der Handyzunft.

Könnte also gut sein, dass die Computeringenieure bald nicht nur die Champagnerkorken knallen lassen wegen ihrer neuen Ultraschall-Apps, ihnen dürfte schon bald auch der Kopf brummen vor lauter Elektrosmog-Nachfolgedebatten.

„AeroBull“ Lautsprecher
© JARRE TECHNOLOGIES„AeroBull“-Lautsprecher: Hörerlebnisse sind fast immer - und immer mehr - mit Kollateralschall mit Ultrahochfrequenten verknüpft