Unbekannter Effekt: Forscher haben ganz neue Kraft des Lichts nachgewiesen, die in bestimmten optischen Felder auftreten kann. Dieses rätselhafte Spinmoment wirkt nicht wie der Strahlungsdruck in Richtung der Lichtausbreitung, sondern senkrecht dazu. Weil dieser Effekt extrem schwach ist, gelang der Nachweis nur mit Hilfe eines hochsensiblen Nano-Messbalkens. Ihre Existenz jedoch liefert ganz neue Einblicke in die fundamentale Wechselwirkung von Licht und Materie, so die Forscher im Fachmagazin Nature Physics.

light waves
© O'Luk/ thinkstockLicht übt unter bestimmten Bedingungen eine ganz schwache Kraft aus, die senkrecht zur Wellenrichtung wirkt.
Licht erscheint zwar als rein ätherisches Phänomen, doch die Strahlung beispielsweise der Sonne übt durchaus eine Kraft aus. Dieser Strahlungsdruck sorgt beispielsweise dafür, dass der Schweif eines Kometen immer von der Sonne wegzeigt, dass Asteroiden rotieren oder künftig vielleicht Raumsonden mit Hilfe eines gigantischen Sonnensegels durch das Sonnensystem fliegen.

Gibt es eine weitere "Lichtkraft"?

Nach gängiger Theorie wirkt dieser Strahlungsdruck des Lichts und sein optisches Moment in die Richtung, in die die Strahlung sich ausbreitet. Schon der Physiker James Clerk Maxwell beschrieb in seiner Abhandlung zum Elektromagnetismus: "Es gibt einen Druck in der Richtung der Wellenausbreitung." Bei einfachen elektromagnetischen Wellen ist das auch der Fall.

Aber Konstantin Bliokh vom japanischen RIKEN Forschungszentrum und seine Kollegen haben nun erstmals nachgewiesen, dass Licht auch eine Kraft ausüben kann, die senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle wirkt. Eine solche eng mit der Polarisation des Lichts verknüpfte Kraft wurde zwar theoretisch vor kurzem vorgeschlagen, erst jetzt jedoch gelang der experimentelle Nachweis.

Nano-Messbalken im optischen Feld

Für ihr Experiment richteten sie einen roten, zirkular polarisierten Laserstrahl so auf eine Glasplatte, dass das Licht im Prinzip komplett reflektiert wird. Jenseits der Brechungsgrenze vom Glas zur Luft jedoch bildet sich dabei ein extrem schwaches, optisches Feld. In dieses optische Feld tauchten die Forscher den beweglich aufgehängten Messbalken einer Variante des Rasterkraftmikroskops.

Dieses sogenannte "Lateral molecular force microscope" (LMFM) kann noch minimalste Kräfte von wenigen Femto-Newton messen - das entspricht einem Billiardstel Newton oder der winzigen Schwerkraft, die auf ein einzelnes Bakterium wirkt. Wirkt die rätselhafte Lichtkraft auf den Nano-Messbalken dieses Spezial-Mikroskops, dann müsste er sich ein klein wenig zur Seite bewegen.

Ausgelenkt!

Und tatsächlich: Wie die Forscher feststellten, wurde der Messbalken in ihrem Experiment um ein winziges Bisschen ausgelenkt - und zwar senkrecht zur Wellenrichtung des Lichtes. "Unsere Messungen belegen damit eindeutig die Präsenz und Beobachtbarkeit des rätselhaften Belinfante-Spin-Moments, das bisher als rein virtuell galt", konstatieren Bliokh und seine Kollegen.

Die neu nachgewiesene Kraft ist einige Größenordnungen schwächer als der Strahlungsdruck des Lichts und proportional zum optischen Spin, also zum Ausmaß der zirkulären Polarisation. "Dieser Nachweis liefert uns eine ganz neue Sicht von grundlegenden Eigenschaften des Lichts und enthüllt eine ganz neue Art von Kraft", sagen die Forscher. "Das könnte neue Einblicke in Bereiche von der angewandten Optik bis in die Hochenergiephysik liefern."

(Nature Physics, 2016;doi: 10.1038/nphys3732)
(RIKEN, 27.04.2016 - NPO)