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© JOERG VOELKERLINGDie siebenjährige Mary-Jane aus dem thüringischen Zella-Mehlis wurde ermordet.
Der 37-jährige Tino L. nutzte Mary-Janes Arglosigkeit kaltblütig aus. Der vorbestrafte Mann missbrauchte die Siebenjährige, bevor er sie in einem Waldbach ertränkte.

Es sind nur knapp 100 Meter. Ein kleiner Fußweg führt von der Wohnung, in der Mary-Jane mit ihrer Mutter lebte, zu dem Haus, in dem die Siebenjährige schreckliche Stunden durchleben musste. Vor dem Eingang des Plattenbaus im thüringischen Zella-Mehlis stehen am Tag nach der Verhaftung von Tino L. zahlreiche Polizeiwagen. Ermittler sichern Spuren, durchsuchen die Wohnung des mutmaßlichen Kinderschänders.

Vor Mary-Janes Haus ist es ruhiger. Kerzen, Briefe von Freunden und Bekannten sowie Bilder der Siebenjährigen erinnern dort an das zierliche Mädchen. Zwei Wochen nach der kaltblütigen Tat ist der mutmaßliche Täter gefasst. Nun steht es fest: Tino L. missbrauchte Mary-Jane sexuell. "Danach wurde Gewalt gegen den Hals des Kindes ausgeübt", so der Leiter der Sonderkommission „Mary“, Kriminalhauptkommissar Andreas Beez. Im Anschluss ertränkte der Täter sie in einem Waldbach.

Beez steht die nervenaufreibende Arbeit der vergangenen Wochen ins Gesicht geschrieben. Bis zu 16 Stunden am Tag hätten seine 50 Mitarbeiter jede noch so kleine Spur geprüft, seit Wanderer das kleine Mädchen am 25. Juni tot im Wald bei Zella-Mehlis fanden.

Am Samstag können die Ermittler in Suhl endlich verkünden: Wir haben ihn. Der Täter Tino L. ist 37 Jahre alt, unverheiratet, wegen Drogen- und Verkehrsdelikten vorbestraft.

Eltern lassen Kinder nicht mehr alleine zur Schule laufen

Viele Puzzlerteile hatten die Beamten zusammengesetzt, bevor Tino L. am Freitag festgenommen werden konnte. Spur 130 überführte ihn: Zeugen und ein falsches Alibi lockten die Beamten auf die Fährte des Wäschereimitarbeiters. Seine DNA-Probe stimmt mit Spuren überein, die an dem toten Kind gefunden wurde. „Es besteht mittlerweile Klarheit über das Schicksal der kleinen Mary-Jane“, betont Beez. Tino L. habe gestanden.

Doch auch wenn der 37-Jährige alles zugibt - zufrieden sind die Ermittler noch nicht, sammeln weiter Beweise. Zwei Beamte bewachen am Samstag den Eingang des Plattenbaus, in dem Tino L. gewohnt hat. Ermittler tragen einen großen, in Folie verpackten Gegenstand aus dem Haus - es könnte eine Matratze sein. Ob sich der 37-Jährige auf dieser an Mary-Jane verging, muss nun geklärt werden.

„Das war mal so ein ruhiges Wohngebiet hier“, sagt Nachbar Karl Nehring. „Aber damit ist es vorbei.“ Seit zwei Wochen belagern Fotografen und Kamerateams das Wohngebiet unweit des Thüringer Waldes. Wie fühlen Sie sich? „Wir sind sehr erleichtert, dass der Täter gefasst ist.“ Seit dem Verbrechen lebten viele Menschen der Kleinstadt in Angst. Vor der Grundschule stauten sich morgens die Autos besorgter Eltern, die ihre Kinder nicht mehr allein in die Schule laufen ließen.

Tino L. war mehrmals Gast bei Mary-Janes Familie

In die Erleichterung mischen sich aber auch andere Gefühle. „Es ist schlimm, dass der von hier kommt“, sagt Nehring. Seine Frau ergänzt: „Das war eigentlich ein ganz unauffälliger Typ.“ Das sah offenbar nicht jeder der Nachbarn so: Zeugen haben Tino L. dabei gesehen, wie er von seinem Balkon aus heimlich Kinder beobachtete. Der Mann sei ein Sonderling gewesen, erzählen andere.

Mary-Jane, die am Montag (11. Juli) acht Jahre alt geworden wäre, wird als zutrauliches Kind beschrieben. „Die ist mit jedem mitgegangen“, sagt ein Mann, der seinen Namen nicht nennen will. Das nutzte Tilo L. offensichtlich kaltblütig aus. Er kannte das Mädchen, war mit seiner 28 Jahre alten Mutter bekannt, sogar schon mehrmals in der Wohnung der Familie gewesen. Mutter und Tochter hätten ihn aber wohl nicht sonderlich gemocht, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.

Trotzdem folgte Mary-Jane dem Mann am 24. Juni nach dem Schulhort in seine Wohnung. Was dann geschah, darüber äußeren sich die Ermittler nur vage: Nach dem Missbrauch sei das Mädchen noch lebend mit ihm in den nahen Wald gegangen. Dort würgte Tino L. die Siebenjährige wohl, bis sie bewusstlos war und legte sie dann in den Bach. „Das Kind ist ertrunken“, sagt Ermittler Beez zwei Wochen später.

dpa/jw