Im 19. Jahrhundert berichtete der Zahnarzt W. H. Atkinson aus dem US-Bundesstaat Pennsylvania über ein bizarres und erschreckendes Phänomen: Einigen Patienten explodierten scheinbar ohne ersichtlichen Grund buchstäblich die Zähne im Mund, nachdem sie zuvor unter Zahnschmerzen litten.

Zähne
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Atkinson schilderte den ersten derartigen rätselhaften, gemeldeten Vorfall aus dem Jahre 1817. Ein Geistlicher aus Springfield beklagte unerträgliche Zahnschmerzen, die vom rechten oberen Eckzahn oder den ersten Backenzahn zu kommen schienen, doch deren Ursache sich die Zahnärzte nicht erklären konnten. In der vergeblichen Hoffnung, etwas Erleichterung von diesen quälenden Schmerzen zu erhalten, soll er ständig wie ein Tier im Käfig auf und ab gelaufen sein und sogar seinen Kopf gegen einen Zaun geschlagen sowie ihn in eiskaltes Wasser eingetaucht haben - doch alles vergeblich, die höllischen Schmerzen blieben. Am folgenden Morgen jedoch passierte das Mysteriöse: Der Pastor lief wieder wie im Delirium im Zimmer umher, als er plötzlich einen lauten Knall wie ein Pistolenschuss hörte, sein Zahn in unzählige Stücke zerbarst und er schlagartig von den Schmerzen erlöst war.

Ein weiterer ähnlicher Fall trat rund 13 Jahre später bei einer Mrs. Letitia D. auf, die nur wenige Kilometer von Springfield entfernt lebte. Die Frau hatte ebenfalls extreme Zahnschmerzen durchlebt, die gleichfalls nach einem lauten Knall und anschließenden »Explosion« des Zahnes plötzlich auch wieder verschwanden.

Das Phänomen wurde im Jahre 1871 auch vom Zahnarzt J. Phelps Hibler beschrieben, der eine junge Frau mit quälenden Zahnschmerzen behandelt hatte, deren Tortur nur dadurch plötzlich beendet wurde, als ihr Zahn mit einer derartigen Wucht »explodierte«, dass es sie umhaute und sie danach für mehrere Tage taub war.

Doch was kann eine solche »Zahnexplosion« verursachen? Theoretisch eigentlich nur ein sogenanntes Barotrauma, das in sehr seltenen Fällen beim Tauchen oder Fliegen auftreten kann, wenn sich die Luft oder Gase in den Hohlräumen eines Zahnes durch den Druck so stark ausdehnen, dass sie den Zahn zum Bersten bringen können. Können solche Gase, beispielsweise bakterielle Fäulnisgase, aber auch unter normalen Außendruck einen Zahn explodieren lassen? Nein, meint auch Professor Hugh Devlin der Abteilung Restaurative Zahnheilkunde an der Universität von Manchester School of Dentistry, er zweifelt solche Phänomene unter normalen Druckbedingungen auf der Erdoberfläche an.

Die University College London trug eine andere Theorie vor, die diskutiert wurde. Und zwar hätte vielleicht die Kombination zweier verschiedener Metallen innerhalb einer Füllung des Patienten eine elektrochemische Reaktion im Zahn ausgelöst haben können. Allerdings erscheint diese Erklärung nicht sehr wahrscheinlich, da jene Patienten mit diesen seltsamen Vorfällen keinerlei Füllungen in ihren Zähnen hatten.