Efraim Inbar, Leiter des Begin-Sadat Centers for Strategic Studies, hat sich gegen eine vollständige Zerschlagung des IS ausgesprochen. Aus israelischer Sicht stellen sunnitische Terrororganisation wie Al-Nusra und IS nützliche Instrumente gegen den Iran und die schiitische Hisbollah dar.
Israel IS Netanjahu
Netanjahu stülpt sich seine Maske der Vernunft über sein gewissenloses Haupt
Das Begin-Sadat Center, das nach eigenen Angaben eine „realistische, konservative, zionistische Agenda für Sicherheit und Frieden in Israel“ verfolgt, verfügt über einige Angehörige der Streitkräfte (IDF) im Vorstand.

Der Leiter des Centers, Efraim Inbar, betrachtet trotz des hohen Maßes an Brutalität, das Terrorgruppen wie der IS offenbaren, diese als das geringste Übel unter den zahlreichen Feinden, die Israel in der Region hat. So schreibt er:
Ein schwacher IS ist, anders als man denken mag, einem zerstörten IS vorzuziehen. Die Aufrechterhaltung des Bestehens des IS dient auch einem strategischen Ziel. Wieso sollten wir dem brutalen Assad-Regime helfen, den syrischen Bürgerkrieg zu gewinnen?“
Der IS hat bis dato keine nennenswerten Aktivitäten in Israel entfaltet. Er drohte bislang einzig der im Gaza-Streifen herrschenden Hamas damit, Terror in deren Machtbereich zu tragen, weil diese es bis dato unterließ, dem selbst ernannten „Kalifen“ Abu Bakr Al-Baghdadi den Treueschwur zu leisten. Auf diese Weise hatte der IS bereits gegenüber Al-Kaida die Flucht nach vorne ergriffen. Der IS wollte sich daraufhin als die neue Avantgarde des bewaffneten Kampfes in Szene setzen.

Inbar sieht den IS aber nicht nur deshalb als im Verhältnis vernachlässigbare Größe an, weil dieser bislang Angriffe auf Israel unterließ. Aus Sicht des jüdischen Staates stellen der Iran, Syrien und die Hisbollah wesentlich größere und gefährlichere Feinde dar.

Insbesondere an die Hisbollah hat Israel keine guten Erinnerungen, nachdem die eigenen Streitkräfte im Jahr 2006 bei dem Versuch gescheitert waren, die schiitischen Brigaden im Rahmen einer Invasion im Süden Libanons zu zerschlagen. Bereits im Jahr 2000 war es der Hisbollah gelungen, nach einem langen Guerillakrieg Israel und seine Verbündeten aus dem Libanon zu drängen.

Dass die Hisbollah jetzt jedoch als Partner des Iran und der Regierung des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad im syrischen Bürgerkrieg gegen sunnitische Gruppen kämpft, die im Einklang mit Saudi-Arabien den Konflikt gezielt auf eine konfessionelle Ebene verlagern wollen, ist aus Sicht Israels eine Erleichterung. „Hisbollah ist durch den Kampf gegen den IS ernsthaft beschäftigt“, erklärt Inbar. Es sei aus Sicht Israels in jedem Fall vorzuziehen, dass Hisbollah ihre Waffen gegen andere Ziele richtet.

„Die westliche Abneigung gegenüber der Brutalität und Unmoral des IS sollte die strategische Klarheit nicht trüben“, mahnte Inbar und betont:
„Stabilität ist kein Wert an sich. Sie ist lediglich anzustreben, wenn sie unseren Interessen dient.“