Forscher haben festgestellt, dass Australien „schwankt“ und sich bei Sommer- bzw. Winteranfang um mehrere Millimeter nach Nordosten bzw. Südosten bewegt. Das hängt mit dem verlagerten Massezentrum der Erde durch die Anhäufung oder das Tauen des Schnees in Europa zusammen. Ein Bericht dazu ist in der Fachzeitschrift „JGR:Solid Earth“ zu lesen.
Erde
© Flickr/ NASA Goddard Space Flight Center
„Diese Bewegungen spüren wir nicht, ihre Spuren sind jedoch im Weltozean zu erkennen. Die Verteilung des Wassers auf der Erde ändert sich mit dem Beginn eines jeden neuen Winters oder Sommers. Diese Bewegung löst eine für Satelliten messbare Deformierung des gesamten australischen Kontinents aus“, erklärt Shin-Chan Han von der University of Newcastle (Australien).

Der Geologe kam fast zufällig zu dieser interessanten und überraschenden Schlussfolgerung. Er versuchte mehrere Monate lang zu verstehen, wieso die GPS-Satellitendaten und die der australischen GPS-Bodenstationen nicht mit den gravimetrischen Karten übereinstimmen, die mit Hilfe der GRACE-Sonden bei der Erforschung der Bodenstrukturen Australiens erstellt wurden.

Er entdeckte, dass Australien faktisch nicht an Ort und Stelle bleibt, sondern sich regelmäßig um mehr als einen Millimeter nach Nordwesten oder Südosten bewegt, wenn auf der Südhalbkugel der Sommer bzw. der Winter beginnt. Mehr noch: Der nordwestliche Teil des Kontinents „taucht“ dabei aus rätselhaften Gründen um zwei bis drei Millimeter tiefer ins Meer und das Erdinnere ein, wobei der Südosten Australiens angehoben wird.

Um den Ursachen dieses Vorganges auf die Spur zu kommen, verband der Geologe die Daten von 14 australischen GPS-Stationen mit den Informationen der gravimetrischen Satelliten der NASA.

Als Schuldige dieser „Schwankung“ des Kontinents erwiesen sich zwei äußerst weit von Australien entfernte Objekte - Europa, das sich fast auf der gegenüberliegenden Seite der Erde befindet, und das fast im Erdmittelpunkt liegende Massezentrum des Planeten.

Aber wie sind sie miteinander und mit Australien verbunden? Der Forscher erklärt das mit den stetigen Masseverlagerungen des Wassers auf der Erdoberfläche. So sind im Winter Europa und Asien auf der Nordhalbkugel mit Eis und Schnee bedeckt, aber im Sommer gelangt dieses ganze Wasser gewöhnlich in den Weltozean.

All diese Schnee- und Eismassen besitzen ein riesiges Gewicht, das buchstäblich auf die darunter liegenden Gesteinsschichten drückt und dazu führt, dass sich das Massezentrum in Richtung Europa und Asiens verschiebt. Diese Bewegung ist es auch, die Australien sozusagen „mit sich zieht“, wobei es sich nach Nordwesten bewegt und auch tiefer in die Erde „eintaucht“ - in Richtung des Erdmittelpunkts. Sobald der Sommer anbricht und der größte Teil des Schnees und Eises taut, gibt es eine rückläufige Bewegung, wobei das Massezentrum und somit auch Australien erneut ihre frühere Position einnehmen.

Warum geschieht das nur mit Australien? Wie Han meint, schwanken alle Kontinente der Erde auf eine solche Weise. Aber gerade in Australien werden diese Schwankungen besonders deutlich, weil es sich quasi direkt „unter Europa“ und neben dem südlichen Teil des Stillen Ozeans befindet, unter dem sich das Massezentrum bei Sommeranfang auf der Nordhalbkugel verlagert.

Diese „Schwankungen“ Australiens erklären die von dem Forscher früher festgestellten Abweichungen der GPS-Satellitendaten. Eine derartige saisonbedingte Kontinentalbewegung sollte seines Erachtens in allen Navigationssystemen berücksichtigt werden. Dann würden die Messungen äußerst wichtiger Klimaparameter, darunter des Ansteigens des Meeresspiegels, viel genauer ausfallen.