Die wesentlichen Trends, die auch 2014 schon zu beobachten waren, wurden in der neuen Mitte Studie zu rechtsextremen Einstellungen in Deutschland bestätigt: Die Verschiebung von klassischen rechtsextremen Einstellungen, wie die Befürwortung einer Diktatur, die Verharmlosung des Nationalsozialismus und Menschenfeindlichkeit, hin zu anschlussfähigeren Formen. Eine Minderheit in der Gesellschaft radikalisiere sich, so Ralf Melzer. Insgesamt sei eine Polarisierung innerhalb der Bevölkerung zu beobachten.
Die Mehrheit der Deutschen setzt sich laut der Studie aber weiterhin für eine humane Flüchtlingspolitik ein und meint, die Demokratie würde im Großen und Ganzen gut funktionieren.
Die AfD als Partei absorbiere lediglich ein schon länger vorhandenes Einstellungspotential innerhalb der Bevölkerung. Ralf Melzer sagt:
„Es zeigt sich eben auch, dass nicht nur die AfD-Anhängerschaft größer geworden ist, sondern dass sie sich radikalisiert hat. Beim Thema Ausländerfeindlichkeit lag die Zustimmung unter den AfD Sympathisanten in 2014 noch bei knapp 16 Prozent, inzwischen ist sie auf fast 40 Prozent angestiegen.“Die AfD schafft es, diejenigen zu mobilisieren, die generell unzufrieden sind, ein „Anti-Eliten Denken“ haben und sich von den politischen Entwicklungen abgehängt fühlen, ohne dass sie unbedingt der AfD Lösungskompetenzen zutrauen“, erklärt Ralf Melzer. Diejenigen, die das Gefühl haben, Deutschland würde an Bedeutung verlieren, Deutschland würde unterwandert oder es gäbe eine Islamverschwörung würden ebenfalls von der AfD abgeholt.
Das bedeutet, dass ein Teil der AfD Wähler sogenannte Protestwähler sind, die der Politik nicht mehr vertrauen.
Kommentar: Das stellt eine interessante PArallele zur Wahl von Trump zum neuen US-Präsidenten dar: Auch dort handelte es sich weniger um eine Wahl für einen Kandidaten, als vielmehr eine Wahl gegen jenen Kandidatin, die das korrupte, mörderische Regime repräsentierte. Es bleibt spannend, inwiefern die anstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland vom Ergebnis der US-Wahlen 'angesteckt' werden.
Doch trotz der Erfolge der AfD bei den Landtagswahlen könne man in der Bevölkerung insgesamt nur einen minimalen Anstieg rechtspopulistischer Einstellungen feststellen.
Melzer erklärt die Entwicklung so:
„Die Vermittlung von rechtsextremen Ideologieversatzstücken wie Widerstand gegen die Regierenden oder auch Nationalismus äußern sich heute anders als noch vor zehn oder 15 Jahren. So lassen sich die einerseits niedrigen Werte beim Rechtsextremismus und andererseits die 21 Prozent beim Rechtspopulismus erklären.“Ein weiteres Beispiel sei der Antisemitismus, so Ralf Melzer. So wären klassische antijüdische Vorurteile relativ wenig verbreitet, wenn es aber um den sogenannten transformierten Antisemitismus gehe, also zum Beispiel einen Antisemitismus, der sich über den Umweg einer Israelkritik ausdrücke, gebe es viel höhere Zustimmungswerte, die zwischen 20 und 40 Prozent liegen.
Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Umfrageinstituts YouGov in Europa zeigt, dass die Deutschen angeblich am wenigsten empfänglich für populistisches Gedankengut sind. Insgesamt 18 Prozent der Deutschen teilen Überzeugungen, die von Parteien wie der AfD bedient werden. In Frankreich sind es ganze 63 Prozent. Ralf Melzer sagt dazu:
„Die Zahlen liegen ja relativ dicht beieinander. 18 Prozent sagt YouGov, 21 Prozent sagen wir, bezogen auf rechtspopulistische Einstellungen. Das korrespondiert miteinander.“Laut Ralf Melzer haben diese Einstellungen das Potential, die Demokratie zu gefährden, da sie ein generelles Misstrauen gegen gesellschaftliche Eliten aufzeigen:
„Wenn wir über das Erstarken der radikalen Rechten und vor allem den Rechtspopulismus sprechen, der vor allem eine Art politischer Stil ist und auch eine Art Strategie, wie man bestimmt Inhalte präsentiert und versucht Wähler zu gewinnen, ist das nicht nur ein europaweites Phänomen.“Diese Tendenz zeige sich auch global, wie man es an der Wahl von Donald Trump in den USA erkennen könne.
Der Experte sagt:
„Das Erstarken von Rechtspopulismus ist eine Begleiterscheinung von fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungsprozessen. Wir sind mitten in der Digitalen Revolution, wir sind immer noch mitten in der Globalisierung. Das führt dazu, dass ein Teil der Bevölkerung diesen rasanten und schnellen Wandel nicht mitmachen will oder nicht mitmachen kann.“Auf die Frage, ob die Menschen sich nicht rechtspopulistischen Parteien zuwenden, weil diese eben die einfacheren Konzepte anbieten, antwortet Ralf Melzer:
„Ja, manche wählen die AfD aus Protest, aber manche auch aus ideologischer Überzeugung. Wenn Angst und Verunsicherung umschlagen in Hass, Menschenfeindlichkeit und Gewalt, muss man eine klare Grenze ziehen. Dafür darf es kein Verständnis geben.“Politiker, die Zivilgesellschaft und die Medien müssen sich gegen diese Tendenzen stellen, sonst werden die Rechten gestärkt und nicht die demokratischen Kräfte, warnt der Experte.
Kommentar: Mittlerweile hat sich ein deutlicher Trend manifestiert: Die sogenannte Linke mit ihren ursprünglich liberalen und progressiven Werten hat sich genau in ihr Gegenteil verkehrt - ein Blick auf diese Bewegung in den USA und Kanada lässt einem die Haare zu Berge stehen. Ponerologie in Echtzeit!
Ein Beispiel hat kürzlich durch Professor Jordan Peterson öffentliche Aufmerksamkeit erregt. Der Psychologie-Professor einer kanadischen Universität weigert sich (zu Recht), sich dem staatlich per Gesetz verordneten Anweisungen der "neuen Geschlechtspronomen" zu beugen und hat dadurch die selbstgerechte, irrationale Wut der Millenium-Generation-Anhänger auf sich gezogen, nebst diversen Angriffen und dem drohenden Verlust seines Jobs. Peterson argumentiert zu Recht, dass es sich hier um deutliche Anzeichen einer Wiederholung der Geschichte handelt: wo Sprache umdefiniert und als politische Waffe benutzt und staatlich entschieden wird, welche sprachliche Ausdrucksform legal ist. Man erinnere sich, dass politisch verordnete Sprache auch das Denken der Menschen verändert. An den radikalen Anhängern jedenfalls sieht man bereits jetzt, dass diese ihre Fähigkeit klar zu denken längst verloren haben.