Chemikalien beim umstrittenen "Fracking" können Böden vergiften / OWL betroffen

Bielefeld. In der Auseinandersetzung um die geplante Erdgasförderung aus tiefen Gesteinsschichten werden härtere Töne angeschlagen. Den internationalen Energiekonzernen, die sich in mehreren Bundesländern bereits große Flächen gesichert haben und auch in Ostwestfalen-Lippe Erkundungsbohrungen durchführen wollen, schlägt Widerstand von Bürgern und Politikern entgegen.

Ein internes Schreiben und eine Studie des Umweltbundesamtes, die dieser Zeitung vorliegen, warnen insbesondere vor der bei der unkonventionellen Erdgasförderung angewendeten Fracking-Methode. Bei diesem Verfahren werden Wasser, Sand und teils giftige Chemikalien mit hohem Druck in die Erde gepresst, um in großer Tiefe Gesteinsschichten aufzubrechen. Auf diese Weise soll das dort gespeicherte Erdgas erschlossen werden.

Schäden für die Umwelt seien "in allen Phasen dieser Fördertechnologie denkbar", heißt es in einem Brief, den das Umweltbundesamt (UBA) vor einigen Wochen an das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit geschrieben hat. "Trotz hoher Sicherheitsstandards und modernster Bohrtechnik sind Umweltbeeinträchtigungen während der Bohrungsphase, des Einbringens der mit Chemikalien versetzten Fracking-Fluide in den Untergrund sowie während der Gasförderung durch unbeabsichtigte Freisetzung von Erdgas, Fracking-Fluiden und Lagerstättenwasser nicht auszuschließen", heißt es in dem Schreiben.

Einsatz von 600 unterschiedlichen Chemikalien

"Potenzielle Gefahren bestehen insbesondere für Grund- und Trinkwasservorkommen", resümiert das Umweltbundesamt in einer Studie. Beim Fracking, so heißt es dort, würden insgesamt 600 unterschiedliche Chemikalien eingesetzt. Davon seien 38 Substanzen "toxisch (giftig) für die menschliche Gesundheit", 8 weitere seien als "karzinogen" (krebserregend) und 6 weitere als "vermutlich karzinogen" einzuschätzen. 7 Substanzen seien "mutagen", was bedeutet, dass sie das menschliche Erbgut verändern können. Bevor diese Substanzen beim Fracking mit großen Mengen Wasser vermischt und in den Untergrund gepresst werden, erfolge ihre Lagerung "in Tankbehältern vor Ort", was weitere Risiken heraufbeschwöre, schreibt das UBA.

Wie berichtet, haben sich in NRW und in OWL Bürgerinitiativen gegen das Bohren nach Erdgas gebildet. Vertreter von SPD, Grünen und CDU hatten sich in der letzten Woche auf Landesebene gegen dessen unkonventionelle Förderung ausgesprochen. Unternehmen wittern jedoch ein gutes Geschäft. Erst vor wenigen Tagen war bekannt geworden, dass der amerikanische Konzern BNK Petroleum eine Aufsuchungserlaubnis für ein großes Gebiet, das auch weite Teile von OWL umfasst, beantragt hat. Umweltminister Norbert Röttgen ließ am Wochenende verlauten, er werde eine "umfangreiche Studie" in Auftrag geben, um die Folgen besser einschätzen zu können. Vorher dürfe Fracking nicht stattfinden. NRW-Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) begrüßte "den Schwenk der Bundesregierung beim Thema Fracking".

Kommentar: "Horrorszenario"

Der Mensch beutet die Erde rücksichtslos aus und gefährdet die eigene Existenz. Bei der Nutzung der Atomkraft geschieht dies zweifelsohne. Doch selbst nach den Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima wollen etliche Staaten weiter an ihrer Nutzung festhalten.

Gottlob wurde in Deutschland der Ausstieg aus dieser gefährlichen Technologie beschlossen. Doch kaum ist das Ende eines Horrorszenarios absehbar, da kündigt sich schon das nächste an.

Internationale Energiekonzerne rüsten sich für die unkonventionelle Erdgasförderung. Auch in der Region Ostwestfalen-Lippe haben sie bereits ihre Claims abgesteckt. "Unkonventionelle Erdgasförderung" - das ist ein Euphemismus. Denn beim sogenannten Fracking werden teils hochgiftige Substanzen tief in den Boden gepresst. Dadurch kann die Trinkwasserversorgung von Millionen Menschen gefährdet werden. So hat es das Umweltbundesamt in einer Studie festgestellt.

Viele Experten warnen vor den Gefahren dieser Fördertechnologie, die in den USA bereits seit einigen Jahren ungeniert angewendet wird. Politik und Bürger tun deshalb gut daran, wenn sie sich frühzeitig gegen die Konzerne stemmen. Die Erfahrung lehrt, dass diesen nicht zu trauen ist und sie manchmal sogar über Leichen gehen.