Nachdem ein internationales Astrophysikerteam erstmals Beweise dafür gefunden haben will, dass wir in einem sogenannten holografischen Universum leben (...GreWi berichtete), ist die Verunsicherung darüber groß, welche Konsequenzen dies für unsere Welt und unsere Existenz hat. Grenzwissenschaft-Aktuell versucht, die Studie einzuordnen. Achtung Spoiler-Alarm: Nein, wir sind keine Matrix-Projektionen.
Symbolbild
Southampton (Großbritannien) - Zunächst und besonders wichtig bei der Einordnung der Beobachtung der Wissenschaftler um Kostas Skenderis von der University of Southampton und Niayesh Afshordi von der University of Waterloo in Ontario ist der Umstand, dass sich die aktuell im Fachjournal „Physical Review Letters“ (DOI: 10.1103/PhysRevLett.118.041301) beschriebenen Beweise auf das wirklich sehr frühe Universum beziehen - nicht aber bzw. damit nur indirekt auf unsere heutige Welt, unser heutiges Universum.

Dieses heutige Universum hat sehr wohl reale drei (...oder mehr?) Dimensionen. Nur entstanden sind sie vielleicht aus einem Prozess heraus, der - wegen der unterschiedlichen Dimensionen - mit einem Hologramm vergleichbar ist.

In der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, die auch als „Echo des Urknalls“ bezeichnet wird und einen Zustand unmittelbar bzw. wenige hunderttausend Jahre nach der Entstehung unseres Universums beschreibt, wollen die Astrophysiker Muster gefunden haben, wie sie sich auf der Grundlage der Theorie eines holografischen Universums - eines heute dreidimensionalen Universums also, das aus nur zwei Dimensionen heraus entstand - ebenso gut erklären lassen, wie etwa mit bisherigen sozusagen natürlichen Modellen (etwa der Inflation des Universums).

In ihrer Studie erstellten die Wissenschaftler ein Modell mit einer Zeit- und nur zwei (statt drei) Raumdimensionen. Dieses Modell fütterten sie dann mit Daten des beobachtbaren Universums, darunter auch jenen der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung aus der Zeit unmittelbar nach dem Urknall - und entdeckten, dass das Modell diese Daten sehr gut erklärt. Allerdings nur, so lange das Modelluniversum nicht breiter ist als 10 Grad.

Wichtig ist hier also zu verstehen, dass die Beweislage somit weder für das eine, noch gegen das andere Modell spricht und derzeit weder das eine, noch das andere ausgeschlossen werden kann - und wohl noch viele weitere Studien und Beobachtungen notwendig sind. „Beide Modelle (Inflation u. holografisches Universum) machen bestimmte Vorhersagen, die wir durch die immer genaueren Daten und verbesserten theoretischen Arbeiten innerhalb der kommenden fünf Jahre testen können“, erläutert Afshordi.

Einige Wissenschaftler hoffen allerdings, dass das Prinzip des holografischen Universums die Unterschiede zwischen der Welt im Großen, wie sie durch die Einsteinschen Gesetze sehr gut beschrieben werden kann, und der des extrem Kleinen, also auf Quantenebene, vereinen könnte.
Hologramm
© Paul McFaddenGrafik zur zeitlichen Entwicklung eines holografischen Universums (v.l.n.r.): Die verschwommenen Bilder entsprechen der frühen Phase des Universums, in der Raum und Zeit noch nicht genau definiert sind. Am Ende dieser Phase (Mitte) geht das Universum in die „geometrische Phase“ über, von der ab es mit Hilfe von Einsteins Gleichungen beschrieben werden kann. Die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung wurde 375.000 Jahre später abgegeben. Davon darin eingeprägte Muster tragen (bis heute) Informationen über das sehr frühe Universum in sich und bildeten die Grundlage für die Entwciklung der Strukturen von Sternen und Galaxien in der jüngsten Phase des Universums (r.).
Wichtig ist weiterhin: Zumindest die Autoren der Studie sagen damit also nicht, dass wir heute noch in einem Hologramm leben, so wie es Hollywood-Filme wie die „Matrix“-Reihe thematisieren und unsere Umwelt und unser Universum nicht real, sondern nur eine mit einem Computerprogramm vergleichbare „Illusion“ sei. Nein, die Wissenschaftler beschreiben, wie obig schon erwähnt, eine Möglichkeit, nach der kurz nach dem Urknall das heutige Universum aus einer zweidimensionalen Grenze heraus in drei (...und mehr?) Dimensionen projiziert wurde - sich danach aber fortan dreidimensional „geometrisch“ weiterentwickelt hat (siehe Schaubild).

Grundlage der Idee von unserem Universum als Hologramm ist die in den frühen 1990er Jahren von dem Physiker Leonard Susskind veröffentlichte Vorstellung darüber, dass die Grundgesetze der Physik technisch gesprochen keine drei Dimensionen benötigen. Demnach benötige auch das Volumen des Raumes immer eine Dimension weniger als es zunächst scheint - womit wir wieder bei der Vorstellung von einem Hologramm angelangt sind. Hierbei handelt es sich schließlich anschaulich um ein dreidimensional erscheinendes Bild, das aus einer zweidimensionalen (flachen) „Grenze“ heraus, projiziert wird.