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Atlanta - Ein niedriger Östrogenspiegel kann Frauen anfälliger für ein posttraumatisches Be­lastungssyndrom (PTBS) machen. Hohe Östrogenspiegel hingegen könnten eine pro­tektive Wirkung haben. Dies fanden Forscher der Emory University School of Medicine und der Harvard Medical School unter der Leitung von Stephanie Maddox heraus. Das Paper bietet Einblicke in die Funktionsweisen von Östrogen und dessen genmodulie­ren­de Wirkungen. Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse in Molecular Psychiatry (2017; doi: 10.1038/mp.2016.250).

Frauen leiden etwa doppelt so häufig am PTBS wie Männer. In gewissen Phasen des weib­lichen Zyklus, insbesondere in solchen mit niedrigem Östrogenspiegel, stellen sich laut den Autoren häufiger depressive Verstimmungen und Angstgefühle ein als in ande­ren Phasen.

Die Arbeitsgruppe untersuchte 287 Blutproben von Frauen aus dem sogenannten Grady Trauma Project, einer Studie mit weiblichen Einwohnern Atlantas. Die Teilnehmerinnen, alle mit niedrigem sozioökonomischen Status, waren in hohem Maße Gewalt und Miss­brauch ausgesetzt. Untersucht wurden Frauen im gebärfähigen Alter mit zyklusabhängi­gen Östrogen­schwan­­kun­gen, sowie Frauen, die die Menopause bereits hinter sich hat­ten und somit wesentlich geringere Östrogenspiegel aufwiesen.

Die Forscher werteten methylierte DNA im Blut aus, welche sie als ein Zeichen für Inakti­vi­tät von Genen werteten. Die Anzahl an methylierter DNA im Genom wurde mit den Ös­tro­genspiegeln im Blut der Teilnehmerinnen in Verbindung gebracht. Die Wissenschaftler untersuchten außerdem eine Subgruppe der Frauen mit bildgebenden Verfahren.

In Bezug auf das PTBS und die Regulation der Gene durch Östrogen fiel bei den Analy­sen vor allem ein Angriffspunkt auf dem Gen HDAC4 auf. Dieses Gen wurde bereits in Ver­suchen mit Mäusen als entscheidender Faktor für Lernen und Gedächtnisbildung er­forscht. Die genetischen Variationen in HDAC4 und dessen teilweise verminderte Aktivi­tät unter den Teilnehmerinnen der Studie setzten die Wissenschaftler mit deren Fähig­keit zur Angstbewältigung in Beziehung.

Frauen mit der gleichen genetischen Variation zeigten eine andere Ruhebildgebung des Gehirns und eine stärkere Verbindung bei der Aktivierung zwischen Amygdala und cingu­­lärem Cortex, beides Strukturen, die am Erlernen und Empfinden von Angst beteiligt sind. Zudem zeigten Versuche mit weiblichen Mäusen, dass das HDAC4-Gen in der Amyg­dala aktiviert wurde, während die Mäuse Angst erlernten. Dies geschah aller­dings nur, wenn die Östrogenspiegel in der Maus niedrig waren.

Die Ergebnisse, so die Forscher, können als Ansätze für neue präventive Behand­lungs­methoden dienen. Östrogene könnten das Risiko, nach einer Traumatisierung an einem PTBS zu erkranken, reduzieren, so ihre These.

hil/aerzteblatt.de