Gemüse, Ernte
© Reuters/ Jean-Paul Pelissier
Europa leidet zurzeit unter einem begrenzten Angebot an Gemüse. Entsprechend sind die Preise rekordverdächtig gestiegen. In Großbritannien wird Gemüse jetzt sogar rationiert. Schuld ist unter anderem die Kälte in den südlichen Ländern. Alternativen sind rar und teuer.

Die Region Murcia im Südosten Spanien ist der wichtigste Anbieter in Europa für Gemüse im Winter. Doch in diesem Winter spielt das Wetter in Murcia nicht mit. Ein extrem harter Winter und die schwersten Regenfälle seit 30 Jahren machen den Produzenten einen dicken Strich durch die Rechnung.

In Italien sieht es nicht besser aus. Dadurch rückt plötzlich Marokko in den Fokus, doch dort wird nicht genug produziert, um die Verluste anderorts wieder wettzumachen. Zudem haben die Marokkaner die Preise angehoben: Angebot und Nachfrage gelten auch bei Nahrungsmitteln.

Selbst um diese Jahreszeit sind die Auslagen der Obst- und Gemüseabteilungen normalerweise prall gefüllt. Doch in den letzten Tagen herrschte in vielen Supermärkten gähnende Leere. Wer zum Beispiel frische Blattsalate suchte, hatte den Weg zum Supermarkt umsonst gemacht.

Wer dennoch einen Salat ergattern konnte, erlebte den nächsten Schock an der Kasse: Nicht selten musste man bis zu 2,99 Euro für einen mittelgroßen Eisbergsalat berappen. Die Gemüsepreise heben ab.

Für eine Gurke muss man bis zu zwei Euro, für Tomaten und Kürbisgewächse sogar das doppelte auf den Tisch legen. Laut der Dattelner Morgenpost kosten Auberginen, Zucchinis und Brokkoli auf Biomärkten mittlerweile bis zu acht Euro pro Kilogramm.
Insgesamt hat sich Gemüse bundesweit um 24 Prozent verteuert und ist damit der Spitzenreiter unter den frischen Lebensmitteln,
sagte die Marktexpertin Judith Dittrich von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft gegenüber der Westfalen Post. In Großbritannien werden nun sogar Salate aus den USA importiert. Laut Philippe Binard von der europäischen Früchte- und Gemüseimport-Organisation Freshfel steht der Gemüse Sektor zurzeit vor nie dagewesenen Problemen. Gegenüber der BBC sagte Binard:
Der Ertrag von Zucchinis, Auberginen, Tomaten, Brokkoli und Paprika ist um etwa 25 Prozent gesunken, während die Preisanstiege zwischen 25 und 40 Prozent liegen.
Vor allem bei Zucchinis herrscht auf der Insel gerade Mangel. Einige sprechen schon von einer Zucchini-Krise. Auf den Social Media Kanälen taucht immer häufiger der Hashtag #courgettecrisis auf. In einigen Märkten wurden Zucchinis sogar extra "bewacht":
Ernteausfälle bewachte Zucchinis
© Twitter/ NickMatthews@totalbristol
Die Lebensmittelknappheit könnte noch ein paar Wochen andauern, weshalb die ersten Supermarkthändler zu ungewohnten Maßnahmen greifen: Der Einzelhandels-Marktführer Großbritanniens, Tesco, rationiert frische Waren.

Pro Kunde sind maximal drei Salatköpfe erlaubt. Die Konkurrenz bei Morrisons begrenzt den Kauf sogar auf zwei Salatköpfe und drei Brokkoli pro Person. Doch nicht nur die mangelnde Versorgung wird zu einem Problem. Auch die Qualität des Gemüses leidet zusehends.

Schon in einer Studie von 2008 konnte man nachlesen, dass Kinder in den Niederlanden immer dicker werden und dabei gleichzeitig an Mangelerscheinungen leiden. Die Mangelerscheinungen hängen mit minderwertigen Produkten aus niederländischen Gewächshäusern zusammen. Auch das Gemüse, das wir aus Spanien erhalten wird fast ausschließlich in Gewächshäusern produziert.

Hinzukommt ein Trend zur Standardisierung: In den letzten 100 Jahren hat die Menschheit auf Grund von Monokulturen über 75 Prozent der biologischen Vielfalt verloren. In den meisten Supermärkten liegen mehr oder weniger dieselben Obst- und Gemüsesorten.

Das bedeutet auch, dass immer weniger Sorten auf immer größeren Feldern wachsen, die nicht nur Nahrung, sondern auch nachwachsende Rohstoffe liefern sollen. In Deutschland und Europa haben mittlerweile Hybridsorten bei vielen Obst- und Gemüsearten einen Marktanteil von über neunzig Prozent.