syrische Flüchtlinge
© ReutersEin syrischer Flüchtling wartet samt Kleinkind darauf, die syrisch-türkische Grenze passieren zu können.
Aus purer Verzweiflung bieten syrische Flüchtlinge ihre Organe zum Kauf an. Der illegale Handel mit Organen blüht geradezu. Demnach ist die Niere eines syrischen „Spenders“ auf dem türkischen Schwarzmarkt aktuell etwa 6.000 bis 11.000 Euro wert.

Es ist die schiere Not der Flüchtlinge in den türkischen Auffanglagern die dazu führt, dass immer mehr syrische Migranten ihre Organe zum Kauf im Internet feilbieten. Dies ergaben Recherchen des ARD-Magazins FAKT. So ist etwa insbesondere das soziale Netzwerk Facebook einer der Hauptumschlagsplätze für das perfide Geschäft mit dem Elend der Geflüchteten. Vor allem Nieren und Leberlappen scheinen bei Händlern sehr beliebt und lukrativ zu sein.

Für ihre Ergebnisse werteten die FAKT-Reporter entsprechende Verkaufsanzeigen in sozialen Medien aus und führten als vermeintlich interessierte Käufer Gespräche mit potentiellen Spendern. Einem FAKT-Reporter, der sich als Interessent ausgab, wurde die Niere eines Flüchtlings für knapp 30.000 Euro angeboten - inklusive der notwendigen Transplantation in einer türkischen Klinik. Die offenkundige Verzweiflung, die Menschen dazu treibt, eigene Organe zu verkaufen, brachte ein Flüchtling Namens Ahmed zum Ausdruck:
Ich kann kein Türkisch, ich habe keine Bekannten, keine Arbeit, keine Wohnung. Ich verkaufe meine Niere, weil ich riesige Probleme habe und unter Druck stehe. Es gibt keine andere Möglichkeit, um zu Geld zu kommen, als meinen Körper zu verkaufen.
Auch aus diesen Worten geht hervor, dass das Geschäftsmodell vor allem auf den prekären Lebensumständen basiert, unter denen die überwiegende Zahl der Menschen in türkischen Flüchtlingslagern ausharren. Gegenüber den investigativen Reportern gab ein Kontaktmann an, dass viele Operationen in einem Transplantationszentrum der Stadt Malatya in Ostanatolien durchgeführt würden. Die Kontaktperson berichtete ebenfalls von Menschen, die nach dem operativen Eingriff in einem Park oder einer Straße wieder zu Bewusstsein gekommen seien. Überprüfen konnten die Reporter diese Angaben jedoch nicht.

Laut Karl Kopp von der Hilfsorganisation „ProAsyl“ habe die Europäische Union zwar zwischen 700 und 900 Millionen Euro für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge an die Türkei bezahlt, doch das Geld komme zum Teil „nicht in der Fläche an“.

Gegenüber den Reportern ergänzt Kopp:
Wir waren gewohnt, dass Schutzsuchende obdachlos sind, mittellos, betteln müssen. Dass Frauen ihren Körper verkaufen müssen. Die Steigerungsform ist jetzt, dass auch Organe verkauft werden müssen, um eine menschenwürdige Perspektive oder eine Fluchtalternative zu entwickeln.
Jüngst forderte auch Papst Franziskus einen verstärkten Kampf gegen den mit dem Organhandel verbundenen Menschenhandel. Es müsse „entschieden gegen dieses Krebsgeschwür vorgegangen werden“, so der Pontifex. Nach Ansicht der päpstlichen Akademie sei der „Organhandel zu einer Form der Sklaverei geworden und stehe in engem Zusammenhang mit Menschenhandel“.

Bereits seit geraumer Zeit kursieren Berichte über einen regelrechten Boom beim illegalen Handel mit Organen geflüchteter Menschen. So fliehen etwa jährlich tausende Menschen über Äthiopien, Eritrea oder den Sudan nach Israel. Wie Doro Schreier von den Netzfrauen erläutert, werden diese auf ihrer Route oftmals von Mitgliedern des sogenannten Sawarka-Stammes gefangen genommen. Nicht nur, dass der Stamm von den Geflüchteten einen Wegezoll von etwa 2.000 Dollar verlangt. Können die Menschen den Betrag nicht aufbringen, müssen sie alternativ ihre Nieren und Lebern verkaufen.

Hier wie dort sind die Käufer der illegal gehandelten Organe gut zahlende Patienten aus dem Westen oder auch aus Saudi-Arabien.