38 Tote - die meisten sind US-Soldaten. Schwerster Verlust der internationalen Truppen seit Beginn der Intervention

Beim Abschuss eines Hubschraubers in Afghanistan haben die Taliban 30 US-Soldaten getötet. Unter den Gefallenen befanden sich 22 Angehörige des "Navy Seals Team VI", das Anfang Mai Al-Qaida-Chef Osama Bin Laden zur Strecke gebracht hatte, berichteten übereinstimmend verschiedenen Medien. Soldaten, die an der Operation in Pakistan beteiligt waren, sollen freilich nicht an Bord gewesen sein. An der Seite der 22 "Seals" starben sieben afghanische Kameraden, drei Fluglotsen, ein ziviler Dolmetscher, ein Hundeführer mit seinem Spürhund sowie die Hubschrauberbesatzung.

Der Abschuss stellt den höchsten Blutzoll der US-Kräfte während des fast zehnjährigen Afghanistan-Krieges dar. Der afghanische Präsident Hamid Karsai teilte in einer Erklärung die Zahl der Opfer am Samstagmorgen mit. Obama selbst bestätigte später den Abschuss im Tangi-Tal in der Provinz Wardak westlich von Kabul, ohne auf die Zahl der Opfer oder Einzelheiten einzugehen. Obama bezog ausdrücklich die afghanischen Gefallenen in seine Beileidsbekundung ein, die gestorben seien "im Streben für eine friedlichere und hoffnungsvollere Zukunft für ihr Land". Die US Air Force hatte in der Nacht auf Samstag offenkundig einen Einsatz gegen ein Haus geflogen, in dem sich Taliban verschanzten. Dabei soll der Hubschrauber von einer Panzerfaust getroffen worden sein.

Die Militäroperation (sowie die Sprengung eines Benzin-Nachschublagers im nordpakistanischen Peshawar in der Nacht zum Sonntag) untermauert die zunehmende Welle von Gewalt zu einem Zeitpunkt, an dem die USA erste Truppen abziehen. 2011 sind mindestens 373 Soldaten der Isaf-Truppen gefallen, die unter Nato-Führung die Regierung Karsai zu stabilisieren versuchen. 2010 starben in dem bislang blutigsten Jahr für die Isaf-Truppen 711 ihrer Soldaten. Derzeit stehen 150 000 Isaf-Soldaten in Afghanistan im Einsatz. Die US-Truppen stellen mit 100 000 Männern und Frauen den Löwenanteil des Kontingents. Bis zum Jahresende soll die Präsenz der US-Truppen um mehrere zehntausend Soldaten verringert werden.

Parallel zu den verschärften Kampfmaßnahmen verhandeln die afghanische Regierung und die USA seit Monaten mit den Taliban, um eine Friedenslösung zu finden. Das sagte Karsai im Juni. Washington hat diese Gespräche offiziell nicht bestätigt. Zur Verbesserung des Gesprächsklimas haben die Vereinten Nationen vor zwei Monaten eine Terrorliste unterteilt, in der Al-Qaida- und Taliban-Führer bislang gemeinsam aufgeführt wurden. Viele Taliban-Funktionäre werden dadurch inzwischen nicht mehr als Terroristen eingestuft. Damit können sie wieder frei reisen. Die Taliban-Kader halten sich vor allem im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet versteckt.

Ebenso wie die Kampfhandlungen der Taliban intensiver geworden sind, nimmt seit geraumer Zeit die Zahl der Einsätze bewaffneter US-Drohnen gegen Militante vor allem in Pakistan zu. Verteidigungsminister Panetta, der als vormaliger Chef des Geheimdienstes CIA für diese Operationen lange Zeit die Verantwortung trug, hat wiederholt versichert, die Einsätze erzielten Wirkung. Die mittlere Kommandoebene der Taliban sei stark geschwächt worden. Der Abschuss des Hubschraubers zeigt gleichwohl, dass die Taliban weiterhin über entschlossene Kämpfer verfügen und ein gefährlicher Gegner bleiben.

Zum bislang verlustreichsten Militäreinsatz der USA seit dem 11. September 2001 kam es im Januar 2005. Damals waren 30 US-Marines und ein Navy-Soldat bei einem Hubschrauber-Absturz in der irakischen Provinz Anbar umgekommen und sechs weitere US-Soldaten in anderen Kampfhandlungen gefallen. In Afghanistan hat es bis zu dem folgenreichen Einsatz in der Nacht auf Samstag keine vergleichbaren Verluste bei Operationen gegeben.